Drei Frauen und ein falsches Leben

Dora Heldt
Roman
erschienen im dtv Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den dtv Verlag für das Rezensionsexemplar.

Mütter und Töchter

Covertext:
Wie geht man damit um, wenn alle Lebensträume zerplatzen? Wie gut kennen wir unsere Eltern? Über ein Projekt im Pflegeheim ihrer Mutter ist Friederike zum ersten Mal gezwungen, sich mit Esthers Leben auseinanderzusetzen. Vieles erscheint in einem anderen Licht … Alex recherchiert für ein Buchprojekt über die Industriellenfamilie Hohnstein, deren weiße Weste angesichts der Verstrickungen in das Nazi-Regime immer mehr Risse bekommt. Jule, deren Tochter Pia, wie sie selbst einst ihren Alltag als alleinerziehende Mutter stemmt, muss lernen, dass sie jetzt, mit Mitte Fünfzig, die vielleicht letzte Chance hat, ihr Leben noch einmal zu ändern. Frauenleben: Nur mit der Kraft der Erinnerung kann der Weg in die Zukunft gelingen.

„Drei Frauen und ein falsches Leben“ ist der Abschluss einer Trilogie von Dora Heldt.
Die vorherigen Bände kenne ich nicht, bin aber trotzdem sehr gut in die Geschichte reingekommen.

In der Trilogie geht es um die drei Freundinnen Alexandra, Friederike und Jule.
In diesem Band steht Frederike im Mittelpunkt.
Frederike hat nie ein besonders inniges Verhältnis zu ihrer Mutter Esther gehabt.
Über ihren Vater weiß sie so gut wie nichts.
Jetzt wo die Mutter unter Demenz leidet und in einem Pflegeheim lebt bekommt sie kaum noch einen Zugang zu ihr.
Ein Projekt des Pflegeheims veranlasst Frederike sich mit der Vergangenheit ihrer Mutter zu befassen.
Da fällt ihr auf, wie wenig sie über ihre Mutter weiß.
Unterstützt von ihrer Freundin Alexandra beginnt sie Nachforschungen anzustellen und kommt dabei dem Geheimnis ihres Vaters immer näher.

Auch Alexandra recherchiert in der Vergangenheit.
Für ein neues Buchprojekt erforscht sie die Geschichte der Unternehmensfamilie Hohnstein.
Dabei deckt sie Dinge auf die besser nicht ans Tageslicht gekommen wären.

Dora Heldt erzählt die Geschichte mit viel Emotion.
Mit dem Thema Demenz hat die Autorin sich einem wichtigen und schwierigen Thema gewidmet, dass sie bravourös gemeistert hat.
Auch die Kriegsjahre und Nachkriegsjahre spielen eine Rolle.
Was hat die Zeit mit den Menschen gemacht?
Wie beeinflussen die Traumata noch die nachfolgende Generation?
Immer wieder gibt es Rückblenden in das Leben von Esther.
Die LeserInnen schauen Frederike praktisch über die Schulter und erfahren mit ihr zusammen einiges aus Esthers Leben.
Besonders gerührt haben mich die Szenen im Pflegeheim. Das Verständnis und die Geduld die hier den alten Menschen entgegengebracht werden ist einfach schön.
Trotz des ernsten Themas bekommt man beim Lesen schon einmal ein Schmunzeln auf die Lippen.

Der Schreibstil von Dora Heldt ist flüssig und gut verständlich.
Ihren Charakteren hat die Autorin richtiggehend Leben eingehaucht.
Nach ein paar Seiten wurde ich wie durch einen Sog in die Geschichte hineingezogen und konnte das Buch kaum aus der Hand legen.

„Drei Frauen und ein falsches Leben“ war mein erstes Buch von Dora Heldt und ich freue mich jetzt schon auf viele weitere Geschichten der Autorin.

Stigma

Lea Adam
Thriller
erschienen im Ullstein Verlag
Meine Bewertung:
4 von 5 Sternen

ielen Dank an den Ullstein Verlag für das Rezensionsexemplar

Opfer oder Täter

Eine Männerleiche, die Augenhöhlen leer, eine Plastiktüte über dem Kopf: Mordermittlerin Jagoda »Milo« Milosevic und ihr Kollege Vincent Frey stoßen auf Hinweise, dass der Tote in der Vergangenheit Frauen missbraucht hat. Ein mögliches Motiv? Der Verdacht erhärtet sich, als kurz darauf ein weiterer verurteilter Sexualstraftäter ermordet wird. Milo folgt bei den Ermittlungen ihrem Instinkt, doch sie fühlt sich zunehmend beobachtet. Erkennt sie das Böse, wenn es vor ihr steht?

„Stigma“ ist der erste Thriller von Lea Adam.
Hinter dem Pseudonym verbergen sich die beiden Autorinnen Regina Denk und Lisa Bitzer.

Am Anfang des Buchs gibt es eine Triggerwarnung.
Der Thriller ist also keine leichte Kost.

Eine Männerleiche wird gefunden. Das Opfer hat eine Plastiktüte über dem Kopf und leere Augenhöhlen.
Jagoda Milosevic und Vincent Frey übernehmen die Ermittlungen.
Sie tappen noch im Dunkeln als die zweite Männerleiche auftaucht.
Langsam kristallisiert sich heraus, dass es sich bei den Männern um Sexualstraftäter handelt.
Es sieht ganz so aus als wolle hier jemand Rache verüben.
Doch kann eine Frau solch einen Mord begehen?

Mit den Charakteren hatte ich am Anfang etwas Schwierigkeiten.
Wenn man sie aber erst einmal richtig kennengelernt hat mag man sie.

Jagoda Milosevic, genannt Milo ist kein einfacher Mensch.
Oft will sie mit dem Kopf gegen die Wand.
Als Jugendliche wäre sie beinahe abgerutscht, jetzt hält sie sich an die Gesetzte und
Regeln.
Vincent Frey daneben bricht gerne mal die Regeln was Milo zum Wahnsinn treibt.
Es macht den Anschein, dass Milo und Vincent nicht miteinander zurechtkommen.
Das ist aber mehr der Schein.

Zwischen den einzelnen Kapitel gibt es immer kurze Abschnitte die mit einem Frauennamen betitelt sind.
Hier erfahren die LeserInnen was mit den Frauen passiert ist.
Das ist nicht immer einfach zu lesen.
Es geht um Gewalt und Missbrauch an Frauen.
Man fragt sich schon manchmal wer ist den hier der Täter und wer ist das Opfer.

Die beiden Autorinnen bauen schnell Spannung auf und halten sie auch über die ganze Geschichte.
Dabei gehen sie mit einem ordentlichen Tempo voran.
Im Laufe des Buches gibt es eine Gruppe Verdächtiger.
Wie es aber wirklich zu den Morden kam erfahren die LeserInnen erst ganz am Ende.
Der Schreibstil ist flüssig und gut verständlich. Kaum zu glauben, dass hier zwei verschiedene Autorinnen gearbeitet haben.
Ich würde mich über weitere Fälle mit Milo und Vincent freuen.

Tartarus

Lucas Fassnacht
Thriller
erschienen im Blanvalet Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Blanvalet Verlag für das Rezensionsexemplar

Spannender Thriller

Covertext:

Geschafft! Leon Gärtner hat den Masterabschluss in der Tasche, und als ihm die berühmte Genetikerin Nicole Stierli eine Promotionsstelle an ihrem Institut anbietet, erfüllt sich ein Kindheitstraum. Auf seiner ersten Konferenz lernt er eine Journalistin kennen, die geheimnisvolle Valérie. Doch dann wird Valérie vor seinen Augen ermordet, der Traum gerät zum Albtraum. Leon hat eine einzige Spur: den Namen Tartarus. Als die offiziellen Ermittlungen stocken, beginnt er, auf eigene Faust zu recherchieren und gelangt in eine Welt, in der jedes falsche Wort den Tod bedeuten kann. Bald steht mehr als nur sein eigenes Leben auf dem Spiel. Leon muss sich entscheiden: Wie weit will er gehen, um seinen Glauben an die Wissenschaft zu retten?

Vor ein paar Jahren habe ich „Die Mächtigen“ von Lucas Fassnacht gelesen und war von seinem spannenden Schreibstil gefesselt.
Jetzt habe ich mir das neue Buch „Tartarus“ vorgenommen.
Auch das ist ein Thriller vom Feinsten.

Es dauert ein bisschen, bis man die Charaktere richtig einschätzen kann.
Sie haben zum Teil zwei Seiten, es ist nicht immer alles so wie man im ersten Moment denkt.
Leon war mir gleich sympathisch.
Nach seinem Masterabschluss bekommt er einen Promotionsstelle von der Genetikerin Nicole Stierli angeboten.
Für Leon ist das wie ein Ritterschlag.
Er darf auch gleich an einer Konferenz teilnehmen und trifft da auf die Journalistin Valérie.
Sie verbringen eine Nacht zusammen. Danach wird Valérie in ihrem Zimmer ermordet.
Leon bekommt den Mord auf dem Balkon wo er sich versteckt mit.
Völlig außer sich ruft er den Notruf und verschwindet in seinem Zimmer.
Doch die Leiche ist mittlerweile verschwunden. Valérie gilt als vermisst.
Leon versucht selbst mehr über den Mord herauszufinden und stößt auf einige Geheimnisse.

Lucas Fassnacht nimmt seine LeserInnen mit zu verschiedenen Handlungsorten.
Die Geschichte dreht sich um das aktuelle und wichtige Thema Gentechnik und auch um die Macht des Geldes und die damit verbundenen Skrupellosigkeit.
Die Geschichte ist sehr spannend geschrieben.
Beim Lesen haben sich mir viele Fragen gestellt.
Was ist wahr und was nicht? Wem kann man vertrauen und wem nicht?
Es war ein bisschen wie ein Katz und Maus Spiel.
Die Spannung hat sich bis zum Ende der Geschichte aufrecht gehalten.
Die wissenschaftlichen Schilderungen kann man gut nachverfolgen auch wenn man nicht in der Materie drin ist.

„Tartarus“ hat mich gut unterhalten und mir ein spannendes Lesevergnügen bereitet.

Blankenese – Licht und Schatten

Michaela Grünig
Historischer Roman
erschienen im Bastei Lübbe Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an Bastei Lübbe für das Rezensionsexemplar.

Gelungener Auftakt einer neuen Familiensaga

Covertext:
Hamburg, 1919. John Casparius glaubt nicht mehr an das Gute im Menschen. Die grausamen Erfahrungen des Krieges verfolgen ihn, die einst so florierende Reederei, seit Jahrzehnten in Familienbesitz, ist durch die politischen Turbulenzen angeschlagen. Von Schuldgefühlen geplagt kreisen seine Gedanken darum, ins Wasser zu gehen. Nach einer durchgrübelten Nacht trifft er im Morgengrauen am Elbufer auf die junge Leni Hansen. Zwei Fremde, die der Zufall für einen kurzen, aber schicksalshaften Moment zusammenführt und die nicht ahnen, dass von nun an ihr Leben und das ihrer Familien über Generationen miteinander verwoben sein wird.

„Blankenese – Licht und Schatten“ ist der erste Band der Blankenese-Saga von Michaela Grünig.
Nachdem ich die Heiligendamm-Saga verschlungen habe, war ich schon sehr gespannt auf das neue Werk der Autorin.

Im Mittelpunkt stehen zwei Familien aus Blankenese, dass zu dieser Zeit noch nicht zu Hamburg gehörte.
Die zwei Familien sind sehr unterschiedlich, kommen aus verschiedenen sozialen Schichten.
Da ist einmal die Familie Casparius. Die Familie besitzt eine Reederei und ist recht Wohlhabend.

Die Familie Hansen hingegen lebt in einem kleinen Haus mit allen Familienangehörigen auf engem Raum zusammen.
Die Mutter Irma ist die Witwe eines Kapitäns. Ihr Mann hat für die Reederei Casparius gearbeitet und sein Schiff ist samt Besatzung untergegangen.

Leni Hansen und John Casparius treffen sich und verlieben sich ineinander.
Anhand von Leni und John werden die Unterschiede der sozialen Schichten sehr gut aufgezeigt.
Leni wird von Johns Familie natürlich nicht akzeptiert.

Michaela Grünig erzählt die Geschichte im ersten Band von 1919 – 1939.
Eine große Rolle spielt die politische Situation in Deutschland.
Die Inflation, die Entwertung des Geldes und der damit verbundenen Notstand und die Arbeitslosigkeit.
Die immer wieder wechselnde Regierung bis dann die NSDAP an die Macht kommt.
Auch hier ist die Bevölkerung zweigeteilt. Die einen, die Verblendenden feiern Hitler wie den neuen „Messias“ die anderen bekommen Angst vor dem was ihnen bevorsteht.
John Casparius verstorbenen Mutter war Jüdin. Somit ist John Halbjude.
Auch er ist ein gutes Beispiel für die schwarzen Jahre der deutschen Geschichte.

Michaela Grünig hat wieder wunderbare Charaktere erschaffen und zum leben erweckt.
Die meisten sind mir sympathisch aber, wie es sein muss gibt es natürlich auch ein paar Charaktere die nicht so sympathisch sind.

Die Autorin lässt viel Zeitkolorit in ihre Geschichte einfließen und vermittelt somit ein Stück deutsche Geschichte auf sehr unterhaltsame Art.
Ihr Schreibstil ist so fesselnd, nach ein paar Seiten war ich auch von der neuen Saga gefangen.
Ich konnte das Buch wieder einmal kaum aus der Hand legen. Einmal mit der Geschichte angefangen wird man wie durch einen Sog hineingezogen.

Nach dem Ende des ersten Bands habe ich viele Fragezeichen im Kopf. Wie wird es mit den beiden Familien weitergehen.
Die Zeiten werden ja nicht besser.
Ich bin schon sehr gespannt auf den 2. Band.

Frisch ermittelt – Der Fall Kaltwasser

Christiane Franke / Cornelia Kuhnert
Kriminalroman
erschienen im Rowohlt Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Rowohlt Verlag für das Rezensionsexemplar

Spannend und humorvoll

Covertext:
Leer, 1958: Auf dem Weg zum Grab ihres Mannes entdeckt Martha Frisch die Leiche ihres Schwagers Siegfried Kaltwasser. Der Richter wurde stranguliert. Die Kripo vermutet den Täter im beruflichen Umfeld, denn Kaltwasser galt als harter Hund. Martha lauscht dem Tratsch ihrer Kundinnen in ihrer Heißmangelstube noch ein bisschen aufmerksamer und stellt selbst Nachforschungen an. Erst recht als wenige Tage später Lehrer Oltmans ebenfalls auf dem Friedhof ermordet aufgefunden wird. Beide Opfer gehörten dem neu gegründeten Verein zur Wahrung von Sitte und Anstand an. Liegt das Motiv etwa in einer Zeit, die die meisten Leeraner im gutgelaunten Wirtschaftswunder-Aufschwung gerne vergessen würden?

„Frisch ermittelt – Der Fall Kaltwasser“ von Christiane Franke und Cornelia Kuhnert ist der 2. Band der Heißmangel-Reihe.
Schon der 1. Band der Reihe hat mich begeistert.
Den beiden Autorinnen ist es gelungen einen spannenden Krimi mit viel Lokalkolorit und einer Portion Humor zu kombinieren.

Die Geschichte spielt in Ostfriesland im Jahr 1958.
Martha Frisch ist mir sehr sympathisch. Eine moderne und aufgeschlossene Frau mit einer Portion Neugierde und einem großen Gerechtigkeitssinn.
Martha ist seit einigen Jahren Witwe und betreibt eine Heißmangelstube.
Als sie auf den Friedhof geht um ihrem Mann Blumen aufs Grab zu stellen findet sie ihren Schwagers Siegfried Kaltwasser tot auf.
Die Polizei geht davon aus, dass der Mord im Zusammenhang mit dem Beruf von Siegfried Kaltwasser zu tun hat. Das Opfer war Richter.
Doch kurz darauf wird eine 2. Leiche auf dem Friedhof gefunden.
Martha hört aufmerksam zu was ihre Kundinnen erzählen und stellt eigene Nachforschungen an.

Der Fall ist spannend, es gibt verschiedene Verdächtige und immer wieder wird man als LeserIn in die Irre geführt.
Auch die Zeit der Handlung bringen die Autorinnen sehr authentisch zum Ausdruck.
Was die Mode und die Ausdrucksweise betrifft fühlt man sich in die 1950er Jahre zurückversetzt.

Der Schreibstil der Autorinnen ist flüssig und leicht verständlich.
Durch die Erzählweise aus verschiedenen Perspektiven lernt man die Protagonisten gut kennen.
Die Kapitel sind recht kurz und so liest sich das Buch in Windeseile.

„Frisch ermittelt – Der Fall Kaltwasser“ ist wieder ein gelungener Krimi und ich wünsche mir, dass diese Krimireihe weitergeht.

Die Welt gehört uns – Eine unmögliche Freiheit

Julia Kröhn
Historischer Roman
erschienen im Blanvalet Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Blanvalet Verlag für das Rezensionsexemplar

Eine spannende Zeitreise

Klappentext:
Frankfurt, 1965: Zwanzig Jahre hat Ella erfolgreich das »Bücherreich« geführt, doch nun herrscht Zwist: Ihre deutlich jüngere Schwester Luise hat die schnulzigen Bücher satt. Ihr Kopf ist voller neuer, unerhörter Ideen, zu denen sie der charismatische und politisch aktive Student Thilo anstiftet. Zunächst steht Ella diesen ablehnend gegenüber. Doch dann bringt Luise sie dazu, ein dunkles Kapitel ihrer Vergangenheit aufzuschlagen. Ella erinnert sich wieder, was sie einst als Verlegerin angetrieben hat: der Glaube, dass Bücher Menschen aufrütteln und die Welt verändern können. Werden sie ihr nun auch helfen, endlich ihr Glück zu finden?


„Die Welt gehört uns – Eine unmögliche Freiheit“ ist der zweite Band der Dilogie „Die Buchhändlerinnen von Frankfurt“ von Julia Kröhn.
Der erste Band „Die Gedanken sind frei“ hat mich sehr begeistert und ich habe dem zweiten Band entgegengefiebert.

Die Protagonisten sind sehr gut gezeichnet und sympathisch.
Ella war mir im ersten Band richtig ans Herz gewachsen.
Sie ist eine Frau voller Elan.
Die Verlagsbuchhandlung der Eltern hat Ella nach dem Krieg aus dem Nichts wieder aufgebaut.
Ihr „Bücherreich“ führt sie mit ihrer Schwester Luise recht erfolgreich.
Dann lernt Luise den Student Thilo kennen.
Es ist die 2. Hälfte der 1960er Jahre und ich kann mich noch sehr gut an die Studentenrevolten in Frankfurt erinnern.
Der Student Thilo inspiriert Luise zu völlig neuen Ideen.
Sie will die Macht der Bücher nutzen.
Doch kann man damit die Welt verändern?
Ella ist skeptisch und vom Vorhaben ihrer Schwester, die leichte Unterhaltungsliteratur aus dem „Bücherreich“ zu verbannen nicht angetan.
Doch dann erinnert sie sich, dass sie selbst die Menschen nach dem Krieg mit ihren Büchern auf neue Gedanken bringen wollte.

Julia Kröhn bring ihren LeserInnen mit ihrer Geschichte die Welt der Bücher nach Hause.
Im ersten Band ging es um den Wiederaufbau der Buchhandlug „Bücherreich“ mit allen Schwierigkeiten der Nachkriegszeit.
Im zweiten Band, der Mitte der 1960er Jahre spielt gibt es in Frankfurt große Studentenunruhen.
Ich kann mich noch sehr gut erinnern. Es verging kaum ein Samstag wo in der Innenstadt nicht demonstriert wurde. Wo Schaufenster eingeworfen wurden und Wasserwerfer zum Einsatz kamen.
Julia Kröhn schildert die Zeit sehr authentisch und ihre Protagonistin Luise fragt sich ob man mit Büchern nicht mehr erreichen kann.

Der Schreibstil von Julia Kröhn ist fesselnd und gut verständlich.
Nach einigen Seiten war ich wieder richtig in der Geschichte drin.
Ich habe mich gefreut Ella und Luise wiederzutreffen.
Die Geschichte ist so authentisch und realistisch beschrieben, dass man glauben könnte die Autorin war selbst bei den Ereignissen dabei gewesen.
Mit beiden Bänden hat die Autorin mich begeistert und mir viele schöne Lesestunden geschenkt.

Das dritte Licht

Claire Keegan
Kurzgeschichten
erschienen im Steidl Verlag
Übersetzt aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Steidl Verlag für das Rezensionsexemplar

Gewaltige und berührende Kurzgeschichte

Covertext:

Irland, zu Beginn der 1980er Jahre. An einem heißen Sommertag liefert ein Vater seine kleine Tochter bei entfernten Verwandten auf einer Farm im tiefsten Wexford ab. Seine Frau ist schon wieder schwanger, noch ein Maul wird zu stopfen sein. So findet sich das Mädchen bei dem kinderlosen Ehepaar John und Edna Kinsella wieder. An einem ungewohnt schönen und behaglichen Ort, wo es Milch und Rhabarber und Zuwendung im Überfluss gibt. Aber auch ein trauriges Geheimnis, das einen Schatten auf die leuchtend leichten Tage wirft, in denen das Mädchen lernt, was Familie bedeuten kann.

„Das dritte Licht“ von Claire Keegan ist wohl schon 2013 erschienen. Jetzt hat der Steidl Verlag eine von der Autorin überarbeitete Version neu veröffentlicht.
Der englische Titel ist „Foster“ und passt perfekt zu dieser mit dem Davy Byrnes Award ausgezeichneter Erzählung.
Unter dem Titel „The Quiet Girl“ wurde die Erzählung in Irland verfilmt.

Im Mittelpunkt steht ein kleines Mädchen, dass von seinem Vater zu entfernten Verwandten gebracht wurde.
Das Mädchen bleibt in der Erzählung namenlos.
Zu Hause lebt das Mädchen mit mehreren Geschwistern in ärmlichen Verhältnissen.
Ein neues Geschwisterchen ist unterwegs und für das Mädchen ist praktisch kein Platz mehr.
Für das Mädchen ist es als komme es in eine andere Welt.
Plötzlich sind da zwei Menschen die sich um sie kümmern, sich um sie sorgen.
Vieles steht in der Geschichte zwischen den Zeilen, wird nicht ausgesprochen.
So stellt sich schnell ein Kopfkino ein.

Claire Keegan erzählt die Geschichte ehrlich und glaubhaft.
Ihre Sprache kommt ganz leise daher, ja, eigentlich schon fast poetisch.
Die Geschichte ist recht kurz, knapp 100 Seiten.
Der Inhalt ist dafür um so gewaltiger.
Ich habe das namenlose Mädchen ganz fest in mein Herz geschlossen.

„Das dritte Licht“ ist eine wunderschöne Erzählung die mich tief im herzen erreicht hat.

Nordstadt

Annika Büsing
Roman
erschienen im Steidl Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Steidl Verlag für das Rezensionsexemplar

Eindrucksvoller Debütroman

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Nene.
Sie lebt im Norden der Stadt, da wo die sozial Schwächeren zu Hause sind.
Nene wurde in ihrer Kindheit mit Gewalt durch ihren Vater konfrontiert.
Mehrere Male musste das Jugendamt eingreifen.
Trotz aller Widrigkeiten hat sie es geschafft einen Beruf zu erlernen.
Nene ist Bademeisterin. Schon als Kind hat ihr das Schwimmen viel bedeutet.
Heute arbeitet sie in dem Hallenbad, in dem sie als Kind und Jugendliche immer schwimmen gewesen war.
Dort lernt sie auch Boris kennen.
Boris hatte als kleines Kind Kinderlähmung.
Seine Beine sind verkrüppelt.
Auch er hatte als Kind viel über sich ergehen lassen müssen. Wurde immer gehänselt und als Krüppel bezeichnet.
Nene verliebt sich in Boris.
Die beiden verbringen einen schönen Sommer.
Doch Boris tischt Nene immer wieder Lügen auf, die sie nach einer Weile durchschaut.

„Nordstadt“ ist der Debütroman von Annika Büsing.
Die Geschichte wird aus der Sicht von Nene erzählt.
Die Autorin schreibt in einem leichten und lockeren Schreibstil und bringt ihren LeserInnen dadurch die eigentlich recht schwere Geschichte auf eine lockere Art näher.
Beim lesen wird man mit Themen wie Gewalt, Mopping, Behinderung und dem Klassenunterschied konfrontiert.
Die Geschichte erzählt aber auch von Liebe und Vertrauen, von Lügen und Verstehen.

„Nordstadt ist eine recht kurze Geschichte. Das Buch hat nur 123 Seiten dafür aber einen gewaltigen Inhalt.
Ich habe das Buch in einem Rutsch verschlungen und freue mich jetzt schon auf den neuen Roman von Annika Büsing.
Koller soll am 28.2.2023 erscheinen.

Die Frauen vom Lindenhof – Ein Neuanfang für uns

Katharina Oswald
Roman
erschienen im Fischer Verlag
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den S.Fischer Verlag für das Rezensionsexemplar

Emotionaler Auftakt der Lindenhof Trilogie

Hohenlohe 1953: Nach dem Tod des Vaters kommen Marianne, ihre Mutter und ihre kleinen Schwestern kaum über die Runden. Die alte Schreinerei, einst Stolz der Familie, verfällt. Doch Marianne will sich dem Schicksal nicht ergeben. Zu sehr liebt sie den Duft der Werkstatt, die sanfte Wärme des Holzes unter ihren Fingern. Sie will wieder aufbauen, etwas ganz Neues wagen. Nur wer traut ihr das als Frau in diesen Zeiten zu? Marianne muss um ihren Traum kämpfen. Doch dann verliebt sie sich ausgerechnet in den traumatisierten Kriegsheimkehrer Alexandre.

Die Frauen vom Lindenhof-Ein Neuanfang für uns“ ist der erste Band einer Trilogie von Katharina Oswald.
Hinter dem Namen stehen die zwei Autorinnen Andrea Bottlinger und Claudia Hornung.

Die Geschichte entführt uns nach Baden-Württemberg in die Jahre 1953-1957.
Auf dem Lindenhof lebt die Familie Wagner, das sind die Geschwister Marianne, Henni und Lottchen, die Mutter und der Großvater.
Die Mutter versucht die Familie mit Näharbeiten über Wasser zu halten.
Marianne hilft immer da wo Arbeit anfällt, sei es auf den Feldern oder bei der Traubenlese.
Henni zieht es nach der Schule in die Stadt und Lottchen, das Nesthäkchen geht noch zur Schule.
Der Großvater hat seit dem Kriegsende nicht mehr gesprochen. Auch von Menschen hält er sich am liebsten fern. Er ist zufrieden wenn er ein Stück Holz in Händen hält und daraus Figuren schnitzt.

Marianne tut es in der Seele weh, dass die Schreinerei die ihr Vater aufgebaut hat seit seinem Tod verfällt.
Ihr kommt die Idee, die Schreinerei wieder aufzubauen und Puppenmöbel herzustellen.
Doch sie muss erfahren, dass alles schwieriger ist als sie gedacht hatte.
Viele Steine werden ihr in den Weg gelegt. Einer Frau traut keiner zu eine Schreinerei zu führen.
Aber Marianne ist kein Mensch der gleich aufgibt.
Zum Glück findet sie auch einige nette Helfer.
Einer davon ist der Kriegsheimkehrer Alexandre, der über seine Herkunft ein Geheimnis macht.

Die Charaktere sind gut gezeichnet. Sie erscheinen richtig lebendig.
Besonders hat mir natürlich Marianne gefallen.
Sie sprüht vor Energie wenn sie sich etwas vorgenommen hat.
Marianne hat den Mut etwas Neues zu wagen und in eine Männerdomäne einzudringen.
Auch wenn der Großvater nicht mehr spricht, habe ich immer das Gefühl, dass er Marianne im stillen bewundert.

Alexandre hat mir natürlich auch sehr gut gefallen. Er hat im Krieg traumatische Erfahrungen machen müssen.
Um seine Herkunft ranken sich im Ort Gerüchte. Ist er etwa ein russischer Spion?
Alexandre schert das wenige. Er träumt davon nach Paris zu gehen und zu malen.

Die Geschichte wird emotional erzählt.
Ich habe mit Marianne gelitten und mich mit Marianne gefreut.
Es wird verdeutlicht, wie schwierig es damals war als Frau eine eigen Firma zu gründen.
Noch dazu in einer Branche die eigentlich von Männern ausgeführt wird.

Die zwei Autorinnen schildern die Zeit der Handlung sehr authentisch.
Auch ein paar historischer Ereignisse werden eingeflochten. So findet die Fußball Weltmeisterschaft in der Schweiz 1954 Erwähnung.
Auch der eine oder andere Schlager- oder Filmtitel findet man in der Geschichte wieder.
Der Schreibstil der Autorinnen ist flüssig und gut zu lesen.
Ich war sehr schnell von der Geschichte gefangen und habe das Buch kaum aus der Hand legen können.

Jetzt freue ich mich auf den 2. Band „Die Frauen vom Lindenhof-Zusammen können wir träumen“ der am 24.05.2023 erscheinen soll.

Die Hofgärtnerin – Blütenzauber

Rena Rosenthal
Historischer Roman
erschienen im Penguin Verlag
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Penguin Verlag für das Rezensionsexemplar

Krönender Abschluss einer wunderschönen Trilogie

Oldenburg, 1897. Als erste Frau überhaupt hat sich Marleene den Titel der Hofgärtnerin erkämpft. Nun möchte sie ihren Erfolg dazu nutzen, auch anderen Frauen den Weg zu einer Lehre zu ebnen. Doch der Aufbau einer eigenen Gärtnerinnenschule birgt viele Hindernisse, denn noch immer herrscht die weitverbreitete Überzeugung, dass Frauen nicht für einen Beruf geeignet sind. Als sich Marleene dann auch noch ihr größter Widersacher in den Weg stellt, steht ihr bisher größter Kampf bevor, für ihre Schülerinnen, ihren Lebenstraum und ihre Liebe!

„Die Hofgärtnerin – Blütenzauber“ ist der dritte Band der Hofgärtnerinnen Saga von Rena Rosenthal.
Die Autorin hat als Kind viel Zeit in der Baumschule ihrer Eltern verbraucht. All ihr Wissen und ihre Liebe zu Pflanzen sind in dieses Buch mit eingeflossen.

Die Protagonisten wurden mit viel Liebe zum Leben erweckt.
Besonders ist mir Marleene seit dem ersten Band ans Herz gewachsen und ich freue mich sie wiederzutreffen.

Nach ein paar Seiten war ich wieder richtig in der Geschichte drin.
Es ist wie ein nach Hause kommen wo liebgewonnene Menschen schon auf dich warten.

Natürlich steht Marleene wieder im Mittelpunkt der Geschichte.
Sie ist eine kluge und liebenswerte junge Frau. Wenn sie sich etwas vorgenommen hat kann sie auch sehr hartnäckig sein.
Marleene musste viele Hürden überwinden um Gärtnerin werden zu können.
Jetzt hat sie sogar den Titel „Hofgärtnerin“.
Marleene ruht sich keineswegs auf ihren Lorbeeren aus. Sie nutzt ihren Erfolg und kämpft dafür, dass auch andere Frauen ihren geliebten Beruf ergreifen dürfen.

Julius ist wie immer an Marleenes Seite. Er unterstützt sie auch wieder bei ihrem Vorhaben eine Gärtnerinnenschule zu gründen.

Konstantin, der Bruder von Julius versucht weiterhin Marleene und Julius das Leben schwer zu machen.
Es ist schon erstaunlich wie wenig sich der Charakter beiden Brüder ähnelt.

Die Geschichte wird aus der Sicht verschiedener Charaktere erzählt.
Der Schreibstil von Rena Rosenthal ist flüssig und leicht verständlich. Die Geschichte ist fesselnd und sehr facettenreich erzählt.
Auch die Zeit der Handlung wird authentisch widergespiegelt.
Das Buch mit über 600 Seiten hat sich sehr schnell gelesen.
Besonders gefallen haben mir die eingeworfenen lateinischen begriffe der Pflanzen und das Plattdeutsch, was immer mal wieder eingestreut wurde. Es macht die Geschichte besonders authentisch.

Am Ende der Geschichte gibt es noch einiges interessantes zu entdecken.
Auch werden Plattdeutschen Begriffe erklärt.
Dann folgen noch die Leckereien aus der Welt der Hofgärtnerin.

Mit „Die Hofgärtnerin – Blütenzauber“ endet die Hofgärtnerinnen Trilogie.
Es hat mir viel Freude gemacht die Hofhärterinnen Saga zu lesen.
Jetzt verabschiede ich mich von den liebgewonnenen Charakteren die ich über drei Bände begleiten durfte.