Ländliches Requiem

Davide Longo
Kriminalroman
526 Seiten
Übersetzt aus dem Italienischen von Barbara Kleiner und Felix Mayer
erschienen im Rowohlt Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Rowohlt Verlag für das Rezensionsexemplar

Lesenswerter Kriminalroman

Klappentext:
Eric Delarue, Geschäftsführer eines Stahlwerks, wird durch einen Kopfschuss lebensgefährlich verletzt. Wer hat den Kunstsammler, Ehemann, Chef, der sich immer für die Belange seiner Angestellten eingesetzt hat, töten wollen?
Die Spur führt Bramard und Arcadipane zu einem längst vergangenen Fall: Nach einer Sportveranstaltung verschwand ein Elfjähriger. Aber dies ist nur eine Fährte in einem komplexen Geflecht aus verbrecherischen Machenschaften.

„Ländliches Requiem“ ist der 5. Band der Reihe „Ein Piemont-Krimi“ von Davide Longo.

Commissario Arcadipane ermittelt zusammen mit seinem alten Freund und Mentor Corso Bramard im Fall des durch einen Schuss schwer verletzten Eric Delarue. Durch die Ermittlungen wird durch seine Ermittlungen auf einen alten Fall aufmerksam. Aber das ist nur eine Spur in seinem komplexen Fall.

Die Ermittler sind aus den vorherigen Bänden bekannt und gefallen mir gut.
Der Autor geht immer in größerem Umfang auf seine Charaktere ein. So begleitet man Arcadipane nicht nur bei seinen Ermittlungen, sondern verfolgt auch dessen Privatleben.
Bramard und Arcadipane sind recht verschieden, aber ein eingespieltes Team und nehmen die Herausforderung den Fall zu lösen an.
Die Charaktere werden gut in Szene gesetzt und jeder wird auf seine eigene Art beschrieben. So ist Arcadipane eher der impulsive und Bramard der etwas ruhigere, der gerne schweigsam ist.

Der Fall ist sehr kompliziert und es gibt verschiedene Ermittlungsansätze. Auch bringt der Autor immer wieder Wendungen ein, was die Spannung erhöht.

Der Schreibstil von Davide Longo ist flüssig und gut verständlich. Seinen Humor, mit dem er die Geschichte immer wieder auflockert, liebe ich.

„Ländliches Requiem“ ist ein spannender Krimi, der die Leser*innen in das schöne Piemont führt. Das Buch kann unabhängig von den vorherigen Bänden gelesen werden.

Ihr werdet sie nicht finden

Andreas Winkelmann
Thriller
380 Seiten
erschienen im Rowohlt Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Rowohlt Verlag für das Rezensionsexemplar

Spannender Thriller


Klappentext:
Jonas war früher einmal Polizist. Bis er für das Verschwinden seiner Tochter einen Verdächtigen zur Rechenschaft zog. Franka ist Privatdetektivin mit einem Talent für digitale Spuren und auf der Suche nach einer Vermissten. Ihre Ermittlungen decken Verbindungen zu einem alten Fall auf – dem von Jonas‘ Tochter, die nie gefunden wurde. Frankas erster Verdächtiger: Jonas. Doch schon bald ermitteln die beiden zusammen. Denn die Vermisste scheint etwas darüber zu wissen, was damals wirklich geschah.

„Ihr werdet sie nicht finden“, ist der neue und spannende Thriller von Andreas Winkelmann.

Jonas wurde zu 7 Jahren Haft verurteilt, weil er Bernd Vollstedt, den Mann, den er für den Mörder seiner Tochter hielt, umgebracht hatte.
Jetzt ist wieder ein Mädchen verschwunden. Silvia, die Tochter des Ermordeten. Die Privatdetektivin Franka wird von der Großmutter des Mädchens mit der Suche beauftragt. Dabei kommen immer mehr Details zu Tage, die mit dem Verschwinden von Jonas Tochter zusammenhängen. Franka versucht Jonas mit ins Boot zu holen und mit ihm zusammen die Wahrheit der beiden Fälle zu finden.

Das sind die groben Umrisse des Plots.
Mehr möchte ich auch nicht verraten, das müsst ihr selbst lesen.

Die Geschichte wird von Andreas Winkelmann sehr spannend erzählt.
Dabei gibt es zwei Zeitebenen. Einmal die Gegenwart, in der Franca nach der verschwundenen Silvia sucht und immer mehr Details entschleiert. Und Rückblicke, die, den Leser*innen das Verschwinden von Isabel und die Suche von Jonas nach seiner Tochter und schließlich den Mord an Bernd Vollstedt.

Nach ein paar Seiten ist man mitten in der Geschichte und es wird auch schon spannend.
Die Spannung steigert sich im Laufe der Geschichte immer mehr und ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen.
Die Protagonisten sind recht unterschiedlich und interessant.
Jonas und Franka waren mir beide schnell sympathisch. Obwohl Jonas oft unbeherrscht ist, konnte ich ihn doch gut verstehen. Das Trauma des Verlustes seiner Tochter hat er nicht verarbeitet. Er leitet heute noch darunter, nicht zu wissen, was seiner Tochter geschehen ist und wo ihre Leiche zu finden ist.

Im Laufe der Geschichte kommen immer wieder Theorien auf, was damals geschehen ist.
Die Auflösung ist dann überraschend, aber stimmig.

„Ihr werdet sie nicht finden“ ist wieder ein genial konstruierter Thriller aus der Feder von Andreas Winkelmann.

John

Bernhard Aichner
Thriller
316 Seiten
erschienen im Wunderlich Verlag
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an de Rowohlt Verlag für das Rezensionsexemplar

ein schonungsloser Thriller

Klappentext:
Yoko ist eine gesuchte Mörderin auf der Flucht. Unter einer neuen Identität lebt sie als John auf einer kleinen griechischen Insel, arbeitet in einem Restaurant hoch über dem Meer, sie hat Freunde gefunden und ist zur Ruhe gekommen.
Yoko ist Vergangenheit. John ist die Zukunft.
Neben der Arbeit in der Taverne kümmert sich John um das Anwesen von Ingrid, einer wohlhabenden Frau, die nur die Sommermonate auf der Insel verbringt. Er pflegt den Garten, genießt die exklusive Ruhe und das Wohlwollen seiner Arbeitgeberin.
Doch während John sich in Sicherheit wähnt, wird in Deutschland immer noch nach Yoko gefahndet. In einer Fernsehsendung wird der «Fall Yoko» wieder aufgerollt, neue Beweismittel kommen ans Licht. Ihre Akte wird wieder geöffnet, wovor Yoko sich immer gefürchtet hat, geschieht. John wird enttarnt. Die Jagd beginnt.

„John“ ist der 2. Band der Rache-Reihe von Bernhard Aichner, auf den ich schon sehnsüchtig gewartet habe.

Yoko ist jetzt John und ihre Flucht liegt 5 Jahre zurück. Seither lebt sie als John unerkannt auf einer griechischen Insel und arbeitet in einem Restaurant. Doch jetzt nach 5 Jahren sitzt plötzlich Kriminalhauptkommissarin Katrin Liebermann vor ihr. Yoko/John ist aufgeflogen. Die Leser*innen erfahren stückchenweise, was in den vergangenen 5 Jahren passiert ist. Und wieder pflastern Leichen Yokos/Johns Weg.
Dabei sind ihre Erinnerungen und das, was Yoko/John der Kommissarin erzählt nicht immer identisch.

Bernhard Aichner hat wieder interessante und sehr unterschiedliche Charaktere ins Leben gerufen. Die Meisten sin aus dem 1. Band schon bekannt.

Yoko, jetzt John habe ich ja schon im 1. Band gut kennengelernt. Auch als John ist sie mir sympathisch und obwohl sie eine gesuchte Mörderin ist, hat sie meine Sympathie und ich hoffte die ganze Zeit, dass sie Kriminalhauptkommissarin Katrin Liebermann noch einmal entkommen kann.

Bernhard Aichner hat einen fesselnden und schonungslosen Schreibstil. Ich wurde wie durch einen Sog tief in das Buch hineingezogen. Die kurzen Kapitel verleiten dazu immer weiterzulesen. So habe ich das Buch auch an zwei Abenden beendet.
Einige Kapitel schildern die Geschehnisse aus Yokos/Johns Sicht und andere Kapitel sind durchgehend Konversation mit einem der Charaktere.

Das Ende hat mich überrascht und war sehr gut konstruiert.
Jetzt bin ich schon gespannt welche Geschichte sich Bernhard Aichner als nächstes ausdenkt.

Der dunkle Sommer

Vera Buck
Thriller
378 Seiten
erschienen bei Rowohlt Polaris
4 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Rowohlt Verlag für das Rezensionsexemplar

Entführungen auf Sardinien

Klappentext:
Ein Haus in Italien für einen Euro: Für die deutsche Architektin Tilda ist die verfallene Villa auf Sardinien ein Glücksgriff. Sie will alle Brücken hinter sich abbrechen und stürzt sich in die Renovierung. Doch die vermeintliche Idylle des verwinkelten Ortes trügt. Ist das Geisterdorf wirklich so verlassen, wie es den Anschein hat? Sonntags läuten die Glocken, und Unbekannte behaupten, ein Fluch liege auf Tildas Haus. Zusammen mit dem Journalisten Enzo, der die Geschichte des Dorfes erforscht, versucht Tilda herauszufinden, was hier geschehen ist. Doch der einzige Bewohner, der mehr weiß, ist der alte Silvio. Und der schweigt beharrlich. Als plötzlich Tildas jüngerer Bruder Nino vor ihrer Tür steht, lässt Tilda ihn zähneknirschend bei sich unterkommen. Er bringt Erinnerungen mit, die sie dringend vergessen will. Dann verschwindet Nino auf mysteriöse Weise. Getrieben von der verzweifelten Suche nach ihm offenbart sich Tilda und Enzo im schroffen Hinterland der Insel eine Wahrheit, die düsterer ist als jede Geistergeschichte, und die eng mit Tildas eigener Vergangenheit verwoben scheint.

„Der dunkle Sommer“ ist ein spannender Thriller von Vera Buck.

Als die deutsche Architektin Tilda eine alte und zerfallene Villa in einem fast verlassenen Dorf auf Sardinien erstehen kann, denkt sie es ist eine gute Gelegenheit für einen Neuanfang. Schnell beginnt sie mit den Renovierungsarbeiten. Tilda muss aber auch feststellen, dass der Ort gar nicht so verlassen ist wie gedacht und das behauptet wird, auf ihrem Haus liegt ein Fluch. Silvio, ein alter Dorfbewohner weiß mehr, aber ein hüllt sich in Schweigen.
Eines Tages steht Tildas Bruder Nino vor der Tür und erzählt von Schwierigkeiten in Deutschland. Doch bald darauf verschwindet er spurlos. Tilda macht sich voller Sorge um Nono auf die Suche. Zusammen mit dem Journalisten Enzo fängt sie an das Dorf und die Umgebung zu erforschen.
Gleichzeitig hinterfragt Tilda aber auch die Gründe, warum ihr aus der Gegend stammender Vater seine Heimat nie wieder besuchte, sondern nur für seine Pizzeria in Deutschland lebte.

Vera Buck erzählt die Geschichte auf zwei Zeitebenen. Immer wieder gibt es Rückblicke in die vergangene Zeit und das Schicksal der Dorfbewohner. Zu früheren Zeiten kam es vor, dass Menschen auf Sardinien entführt wurden und nie mehr aufgetaucht sind. Die Autorin hat sich hier von wahren Begebenheiten inspirieren lassen.

Die Geschichte wird aus der Sicht verschiedener Charaktere erzählt. hat Die Protagonisten sind facettenreiche und lebendig. Die Autorin erzählt die Geschichte kurzweilig und spannend. Der Schreibstil von Vera Buck ist flüssig und gut verständlich.
Natürlich fehlt, trotz aller Ernsthaftigkeit das italienische Flair und die Kulinarik nicht in dieser Geschichte.

„Der dunkle Sommer“ ist ein spannender Thriller, den ich mit Interesse gelesen habe.

Zypressernsommer

Teresa Simon
Historischer Roman
421 Seiten
erschienen im Rowohlt Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dan an de Rowohlt Verlag für das Rezensionsexemplar


Ein emotionaler und interessanter Roman

Klappentext:
Die Hamburger Goldschmiedin Julia Matthiesen reist zum ersten Mal in das malerische Dorf Lucignano in der Toskana und ist auf Anhieb überwältigt vom Zauber der Landschaft. Ihr kürzlich verstorbener Nonno stammt von hier, seine Familie hat seit jeher Oliven angebaut, doch über seine Vergangenheit hat Gianni immer geschwiegen. Julia begibt sich auf die Spuren ihres Großvaters, unterstützt von dem attraktiven Italiener Matteo.

Ihre gemeinsame Suche führt in die 1940er-Jahre, in die Zeit der «Resistenza», als italienische Partisanen sich in den Bergen versteckten und gegen die Faschisten kämpften; sie führt zu zwei Brüdern, den Olivenbauern Vito und Gianni, und zu einer tragischen Liebesgeschichte …

„Zypressensommer“ ist der neue historische Roman von Teresa Simon.
Die Autorin hat mich schon mit vielen Büchern begeistert, egal ob unter ihrem Pseudonym Teresa Simon oder ihrem Namen Brigitte Riebe.

„Zypressensommer“ teilt sich in zwei Zeitebenen. Die Gegenwart ist in der Geschichte im Jahr 1998 angesiedelt. Hier begleiten die Leser*innen Julia Matthiesen, eine Goldschmiedin aus Hamburg. Ihr geliebter Großvater Gianni ist kürzlich verstorben und hat ihr eine Notiz mit kryptischen Informationen hinterlassen. Jetzt reist Julia nach Lucignano, dem Heimatort ihres Großvaters. Hier erhofft sie sich mehr über ihren Großvater zu erfahren, der nie viel von seinem Leben vor und im Krieg erzählt hat. Als sie in Lucignano Matteo trifft, schlägt ihr Herz höher. Eine zarte Liebesgeschichte bahnt sich an, die aber wegen des Schweigens ihrer Großväter schnell wieder im Keime zu ersticken droht.

Die zweite Zeitebene ist die Vergangenheit, genauer die Jahre 1943-1945. Hier begleiten wir zum einen Gianni, der Großvater von Julia und auch Vito, den Großvater von Matteo.
Gianni fällt den Deutschen in die Hände. Er ist einer von vielen italienischen Militärinternierten und muss unter schweren Bedingungen und ständigem Hunger Zwangsarbeit leisten. Als er in eine Fischräucherei zum Arbeiten geschickt wird, ist das für Gianni eine Traktur, den er hasst nichts mehr als Fisch. Marieke, die Tochter des Hauses, hat Erbarmen mit Gianni und versorgt ihn mit Essen.

In Italien hat sich Vito den Partisanen angeschlossen. Versteckt in den Bergen wollen sie die Toskana befreien. Giulia, die auf die Rückkehr von Gianni wartet, ist eine der mutigen Frauen, die heimlich Lebensmittel zu dem Partisanen in die Berge bringt.

Teresa Simon führt ihre Leser*innen unterhaltsam durch die Geschichte.
Viele interessante Informationen fließen ganz einfach und leicht in die Handlung mit ein.
So habe ich noch nie von den italienischen Militärinternierten gehört und habe das Schicksal von Gianni mit Interesse verfolgt. Auch der Part, der von Vito und den mutigen Männern erzählt, die sich der Resistenza angeschlossen haben, war sehr interessant zu lesen. Vor allem die mutigen Frauen, die ihr Leben riskiert haben um nachts Lebensmittel, Medikamente und Informationen zu den Männern zu bringen habe ich bewundert.

Teresa Simon hat wieder facettenreiche und sympathische Charaktere ins Leben gerufen. Die Herzlichkeit der Familie Conti war überwältigend. So stelle ich mir eine italienische Familie vor, alle an einem Tisch und wenn noch ein Gast kommt, ist immer ein Plätzchen frei.
Das gute Essen darf in Italien natürlich nicht fehlen. Auch hier bekommen die Leser*innen einiges geboten. Im Anhang gibt es noch einige Rezepte mit auf den Weg.

Auch die Handlungsorte werden gut und anschaulich beschrieben. Vor allem in der Gegenwart dürfen die Leser*innen Julia zu einigen schönen Plätze begleiten.

Teresa Simon hat einen angenehmen und flüssigen Schreibstil.
Sie versteht es ihre Leser*innen zu unterhalten und viele historische Begebenheiten in ihren Text einfließen zu lassen.
Die Geschichte ist eine echte Achterbahn der Gefühle, egal ob in der Gegenwart oder in der Vergangenheit. Ich habe mit einigen Charakteren gelitten und mich auch mit ihnen gefreut.

„Zypressensommer“ ist eine großartige Geschichte, in die ich nach wenigen Seiten ganz tief versunken bin.

Der Junge aus dem Meer

Garrett Carr
Roman
413 Seiten
erschienen im Rowohlt Verlag
Übersetzt aus den Englischen von Katharina Bazum
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Rowohlt Verlag für das Rezensionsexemplar


Ein erstaunlicher Debütroman

Klappentext:
In einer kleinen Gemeinde an der Westküste Irlands wird 1973 ein Baby am Strand gefunden. Ambrose, der Fischer, und seine Frau Christine adoptieren den Jungen, der fortan den Namen Brendan Bonnar trägt. Alle sind fasziniert von diesem Kind, dessen Herkunft ein Rätsel ist, und Brendan, der für viele ein Rätsel bleibt, gibt dem vom Sturm der Zeitläufte gebeutelten Dorf die Hoffnung auf ein gutes Leben zurück. Zwanzig Jahre folgen wir dem Leben der Familie, das geprägt ist von Fürsorge und Schweigen, von der Rivalität der Brüder, von finanziellen Sorgen, aber auch dem Glück, von einer Gemeinschaft getragen zu werden.

„Der Junge aus dem Meer“ von Garrett Carr ist die Geschichte eines Jungen, die Geschichte einer Familie und die Geschichte einer Dorfgemeinschaft.

Fast täglich wird Treibgut an den Strand gespült. Doch als ein Baby in einem Fass an den Strand gespült wird, ist das schon etwas Besonderes. Die Dorfgemeinschaft kümmert sich liebevoll um den kleinen Findling. Jede Familie ist bereit, den Jungen einen Tag zu versorgen. Dann wird der Junge von Christine und Ambrose Bonnar adoptiert. Sie geben dem Baby den Namen Brendan. Die Familie hat schon einen Sohn, Declan. Das Verhältnis zwischen den „Brüdern“ bleibt distanziert. Dafür nimmt die gesamte Dorfgemeinschaft Anteil an der Entwicklung des Kindes.

Garrett Carr erzählt die Geschichte sehr gefühlvoll. Die Charaktere sind recht unterschiedlich und sympathisch. Hier wird, außer stellenweise Brendan, niemand hervorgehoben. Die Dorfgemeinschaft ist ein großes Ganzes und es ist auch immer von Wir die Rede. Der Zusammenhalt der Menschen, die in dem kleinen Dorf an der Westküste Irlands gefällt mir sehr gut. Auch hat man beim Lesen das Gefühlt, dass man selbst in diesem Wir eingeschlossen ist. Man ist nicht nur Beobachter, sondern mitten in der Geschichte drin.

Garrett Carr lässt seine Leser*innen 20 Jahre mit Brendan und der Andengemeinschaft verbringen.
Der Autor erzählt nicht nur von den Veränderungen, die im Laufe der Jahre im Dorf vor sich gehen. Es gibt auch viel Zeitkolorit, wie z. B. der Beitritt in die EWG, was für Bauern und Fischer Veränderungen mit sich brachte.
Es ist interessant zu lesen, dass die Zeit auch in einem kleinen irischen Dorf nicht spurlos vorbeigeht.

Garrett Car hat einen flüssigen und gut verständlichen Schreibstil. Immer wieder lockert er die Geschichte mit intelligent eingesetzten Witz auf.

„Der Junge aus dem Meer“ ist der Debütroman von Garrett Carr, ich wünsche mir noch viele solcher Geschichten von diesem Autor.




Frag nicht nach Agnes

Valerie Jakob
Roman
410 Seiten
erschienen im Rowohlt Verlag
Meine Bewertung:
4 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Rowohlt Verlag für das Rezensionsexemplar


Suche nach den familiären Wurzeln

Klappentext:
Sie kannte nicht einmal den Namen ihrer Großmutter.
Die junge Goldschmiedin Lilo hat ein sehr angespanntes Verhältnis zu ihrer Mutter, von deren familiären Wurzeln sie so gut wie nichts weiß. Als ein Schreiben auftaucht, das mit der Großmutter zu tun hat, stellt Lilo Fragen, und es kommt zum Streit. «Deine Großmutter hat mein Leben zerstört!», schreit die Mutter schließlich. Lilo ist sprachlos und beginnt Nachforschungen anzustellen.

Als ihr Mann aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrt, hofft Agnes auf das lang entbehrte Eheglück. Aber Walter leidet unter Albträumen, verhält sich autoritär und abweisend. Agnes flüchtet sich in ihre Arbeit bei der französischen Besatzungsverwaltung, wo sie Anerkennung erfährt und ein Gefühl der Freiheit erlebt. Doch nach der Geburt der Tochter soll sie wieder an den heimischen Herd. Ihr Zuhause wird für sie zum Gefängnis. Als Agnes schließlich etwas über Walter erfährt, was große Sprengkraft besitzt, muss sie sich entscheiden: Will sie für ihren Traum von Selbstbestimmung kämpfen oder sich in ihr Schicksal fügen?


„Frag nicht nach Agnes“ ist ein Roman über das Schicksal der drei Generationen umfasst von Valerie Jakob.

Die Geschichte hat zwei Zeitebenen. Es fängt in der Gegenwart an, wo die Leser*innen Lilo kennenlernen. Sie besucht ihre Mutter Monika, die Geburtstage hat. Es kommt zu einer Meinungsverschiedenheit und Lilo lässt ihre Mutter mit ihren Freundinnen alleine feiern. Lilo nimmt aber einen Brief mit, der eigentlich verschickt werden soll. Doch der Name im Adressfeld, Frank Steiner, zieht sie magisch an. Steiner ist der Name ihrer Großmutter, die sie nie kennengelernt hat. Auch ihren Großvater kennt Lilo nicht. Ihre Mutter wurde schon als Kleinkind weggegeben und hatte nie Kontakt zu ihren leiblichen Eltern. Gerne würde Lilo mehr über ihre Wurzeln erfahren.

Im 2. Erzählstrang lernen die Leser*innen Agnes, die Großmutter von Lilo kennen. Es geht zurück in die Vergangenheit. Agnes wurde im Krieg ausgebombt und stand völlig alleine, ohne jede Familie da. Zum Glück wurde sie von der Familie Steiner aufgenommen. So lebte Agnes bei dem Ehepaar Carl und Frieda Steiner, mit im Haus wohnt noch Ernst der Sohn der Familie und eigentlich auch Walter, aber der ist im Feld,. Nach kurzer Zeit wird Agnes so etwas wie die Haushaltshilfe der Familie. Als Walter auf Heimaturlaub kommt, bittet er Agnes sich gut um die Eltern zu kümmern. Kurz darauf bekommt sie per Post einen Heiratsantrag und es folgte auch schnell die Hochzeit. Als Walter dann aus der Gefangenschaft in Russland nach Hause kam, arbeitete Agnes bei französischen Besatzern. Walter spielte sich schnell als Herr im Hause auf, wie es früher üblich war, der Mann hat das Sagen. Das führte schließlich zur Zerrüttung der Ehe und die kleine Monika musste in Pflege gegeben werden.

Valerie Jakob erzählt die Geschichte sehr authentisch. Sie spiegelt die Situation und die Rechte der Frau in den 1950er Jahren sehr gut wider. Mich hat der Erzählstrang, der Vergangenheit und das Leben von Agnes sehr berührt.
Aber auch der Erzählstrang in der Gegenwart und das Leben von Lilo ist sehr authentisch beschrieben. Lilo suchte in den Bundes- und Landesarchiven nach Agnes und Walter Steiner.

Valerie Jakob hat sehr unterschiedliche Charaktere erschaffen. Es ist interessant sie nach und nach kennenzulernen. Über Monika und ihr Leben hätte ich gerne etwas mehr erfahren aber das hätte wahrscheinlich den Rahmen gesprengt. Hier geht es vorwiegend um Lilo und Agnes.

Valerie Jakob hat einen angenehm zu lesenden Schreibstil, der mich ganz tief in die Geschichte eintauchen ließ.

„Frag nicht nach Agnes“ ist ein Familienroman, der mich sehr berührt hat und den ich mit großer Freude gelesen habe.

Tot überm Weidezaun

Hedda Anders
Kriminalroman
254 Seiten
erschienen im Rowohlt Verlag
Meine Bewertung:
4 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Rowohlt Verlag für das Rezensionsexemplar


Humorvoller Krimi mit skurrilen Charakteren

Klappentext:
Kommissarin Wencke Dierksen will mit der Polizeiarbeit nichts mehr zu tun haben, so viel ist sicher. Sie ist ins beschauliche Sorum nahe Hamburg zurückgezogen und wohnt auf dem Bauernhof, den ihr Onkel ihr vererbt hat zusammen mit Alpaka Christopher, der eine echte Persönlichkeit ist. Hier will sie bleiben, bereit für einen neuen Lebensabschnitt.

Bis ihr ehemaliger Kollege Theo Kleist sie um Hilfe bittet: Es hat ein Verbrechen gegeben, versehentlich gefilmt von Dackel Bootsmann, der mal wieder mit dem Handy seines Besitzers auf Wanderschaft war. Eine leblose Hand im Bild lässt Schlimmstes befürchten. Ein Mord in Sorum?

Wencke Dierksen steigt in die Ermittlung ein, schließlich kennt sie hier jeden, mit ihr reden die Leute. Und zwischen verirrten Kiezlegenden und verräterischen Bio-Kisten stößt sie auf ungeheure Verwicklungen …

„Tot überm Weidezaun“ ist ein humorvoller Krimi Hedda Anders.
Wencke Dierksen lebt zufrieden mit ihrem Alpaka Christopher, auf einem alten Bauernhof, den sie von ihrem Onkel geerbt hat. Vom Polizeidienst will die frühere Kommissarin nichts wissen, bis ihr Kollege Theo Kleist ihre Hilfe braucht. Der Dackel Bootsmann, der seinem Herrschen gerne einmal das Handy klaut und damit herumsteunert hat, wie es aussieht ein Verbrechen gefilmt. So sieht es auf jeden Fall auf der Cloud aus, vom Dackel und vom Handy gibt es noch keine Spur. Auch wo der potenzielle Tatort liegt, ist noch unklar.

Hedda Anders hat für ihre Geschichte skurrile Charaktere erschaffen. Die frühere Kommissarin Wencke Dierksen gefällt mir gut. Sie ist schlagfertig, hat für alles eine Antwort. Das Alpaka Christopher ist ein eigener Charakter. Ich finde es recht humorvoll beschrieben, wie es so in der Wohnung herumsteht und wie es Wencke morgens weckt. Auch die anderen Charaktere sind gut getroffen und zum Teil skurril.

Die Beschreibung der Handlungsorte ist anschaulich, ich habe mich schnell in den Norden versetzt gefühlt. Der Dialekt der Einheimischen ist nicht immer leicht zu verstehen, gibt der Geschichte aber eine Authentizität.

Hedda Anders hat einen angenehm zu lesenden Schreibstil. Sie baut Spannung auf und es gibt einige Wendungen, die den Leser*innen das Rätseln nicht einfach machen.

„Tot überm Weidezaun“ ist ein Krimi, den ich sehr gerne gelesen habe.

Fräulein Gold – Nacht über der Havel

Anne Stern
Historischer Roman
419 Seiten
erschienen im Rowohlt Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Rowohlt Verlag für das Rezensionsexemplar

Wie immer, ein Lesegenuss

Klappentext:
Berlin, 1930: In der Stadt brodelt es gewaltig. Wirtschaftskrise und politische Instabilität rufen immer radikalere Kräfte auf den Plan. Auch Hulda spürt, dass die vermeintlich goldenen Jahre vorbei sind. Umso engagierter kümmert sie sich als Hebamme um die Belange der Frauen und Mütter. Als sie einer Schwangeren helfen will, stößt sie auf einen mysteriösen Todesfall im Dunstkreis der Familie: Die jüngere Schwester Jutta ist Teil einer Jugendgruppe, die sich nachts an der Havel trifft. Die Jugendlichen singen und feiern zusammen. Doch dann wird am Ufer ein Student tot aufgefunden. Er war der Anführer von Juttas Gruppe und ihr heimlicher Schwarm. Aber war sein Tod wirklich ein Unfall bei einem nächtlichen Abenteuer? Bald ahnt Hulda, dass die Zusammenhänge größer sind als angenommen. Eine Jugend ohne Zukunft sucht in unruhigen Zeiten verzweifelt nach Halt. Und ist bereit, einen hohen Preis dafür zu zahlen.

„Fräulein Gold – Nacht über der Havel“ ist der 7. Band der Reihe „Die Hebamme von Berlin“ von Anne Stern.

Im Mittelpunkt steht natürlich Hulda Gold.
Hulda ist mir seit dem ersten Band ans Herz gewachsen.
Sie ist einfach ein toller Charakter, den die Autorin mit sehr viel Hingabe kreiert hat.
Für die Zeit, mittlerweile sind wir im Jahre 1930 angekommen, ist Hulda eine bemerkenswerte und selbstbewusste Frau. Mit Max scheint sie ihr Glück gefunden zu haben.

Wie immer schlittert Hulda ungewollt in einen Kriminalfall.
Ein Mitglied einer Jugendgruppe, die sich gerne an der Havel aufhält, wird tot aufgefunden. Hulda glaubt nicht, dass es ein Unfall war.

Anne Stern beschreibt das Leben und die 1930er Jahre sehr eindringlich.
Man spürt, dass eine Veränderung im Land vor sich geht. Die Wirtschaftskrise hat viele Menschen hart getroffen. Arbeitslosigkeit und Armut sind auf dem Vormarsch.
Politisch ist Deutschland recht instabil und die Nazis gewinnen immer mehr an Sympathisanten. Auch der Antisemitismus nimmt immer mehr zu.

Anne Stern lässt Geschichte lebendig werden.
Verpackt in einer interessanten Geschichte, mit Charakteren, die man gerne mag, vermittelt die Autorin gekonnt die politischen und sozialen Hintergründe der 1930er Jahre.
Der Schreibstil von Anne Stern ist fesselnd und gut verständlich.
Nach ein paar Seiten war ich wieder mittendrin im Leben von Hulda Gold.
Jetzt lasse ich Hulda Gold nur ungern alleine.
Aber zum Trost gibt es noch eine Leseprobe zum 8. Band.
„Fräulein Gold – Der Preis der Freiheit“ d erscheint im Dezember 2025.

Das Wochenende

Hannah Richell
Thriller
424 Seiten
erschienen bei Rowohlt Polaris
Übersetzt aus den Englischen von Sabine Längsfeld
4 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Rowohlt Verlag für das Rezensionsexemplar

Spannung an der Küste Cornwalls

Klappentext:
Zur Einweihung ihres luxuriösen Campingplatzes in Cornwall haben Max und Annie ihre alten Studienfreunde samt Kindern eingeladen: TV-Star Dominic, die Ärztin Kira sowie die Freigeister Jim und Suze. Doch schon am ersten Abend kommt es am Lagerfeuer zu einem handfesten Streit. Am nächsten Tag zieht von der zerklüfteten Küste her ein Unwetter auf. Als eines der Kinder nicht vom Strandausflug zurückkehrt, eskaliert die Situation. Inmitten des tosenden Sturms sind die Freunde auf sich allein gestellt. Alte Konflikte brechen auf, neue Geheimnisse kommen ans Licht, und irgendjemand spielt ein tödliches Spiel.

„Das Wochenende“ ist ein spannender Thriller von Hannah Richell.

Die Leser*innen lernen Max und Annie kennen. Sie sind von London weggezogen und haben in Cornwall mit ihrem 12-jährigen Sohn ihre neue Heimat gefunden. Jetzt soll ihr Campingplatz eingeweiht werden. Dazu haben sie alte Freunde geladen. Zusammen sind es 4 Familien mit Kindern.

Hannah Richell hat für ihre Geschichte recht unterschiedliche Charaktere entworfen. Die Hauptcharaktere sind die 4 Familien mit ihren Kindern. Man braucht am Anfang etwas Zeit um sich mit den einzelnen Personen vertraut zu machen. Die Autorin führt die einzelnen Familien aber gut in die Geschichte ein. Man kann auch das Personenverzeichnis am Anfang der Geschichte zur Hilfe nehmen, dort sind die einzelnen Personen nach Familien aufgelistet.

Der Handlungsort ist Cornwall und dort ein Glamping-Platz der eingeweiht wird.
Auch das wird anschaulich beschreiben und könnte so idyllisch sein. Doch es kommt zu einem Unwetter und zu Streitigkeiten.
Auf einmal schlägt die Atmosphäre ins Düstere und geheimnisvolle um.
Jeder der Familien scheint etwas zu verbergen. Keiner traut mehr dem Anderen.
Die Spannung setzt schnell und viele Fragezeichen wabern um meinen Kopf.

Hannah Richell erzählt die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven. Jede Familie kommt zu Wort. Als eine Person verschwindet, macht das Buch seinem Genre alle Ehre. Die Spannung setzt ein und steigert sich zum Ende hin immer weiter.
Das Ende ist dann für mich recht überraschend.

„Das Wochenende“ ist ein spannender und mysteriöser Thriller den ich gerne gelesen habe.