Lilly Bernstein
Historischer Roman
erschienen im Ullstein Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen
Emotionale Familiengeschichte
Endlich leben Helga und Jürgen wieder bei ihrem Vater der aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt ist.
Der Vater versucht sich mit einem Büdchen eine neue Existenz aufzubauen und Jürgen beginnt bei Ford.
Helga hingegen möchte gerne aufs Gymnasium gehen doch sie soll die Haushaltungsschule besuchen.
Als sie ein Praktikum in einem Waisenhaus absolviert spürt sie wie schlecht es den Kindern dort geht, wie schlecht sie behandelt werden.
Vor allem ein „Besatzungskind“ hat ihre Aufmerksamkeit geweckt und sie versucht es zu beschützen.
Helge verliebt sich, doch die Schatten des Krieges drohen alles zu zerstören was Helga sich vom Leben erhofft.
„Findelmädchen“ ist die Fortsetzung des Bestsellerromans „Trümmermädchen“
von Lilly Bernstein.
Die Bücher sind aber auch gut unabhängig voneinander zu lesen.
Es ist das Jahr 1955 und die Geschwister Helga und Jürgen sind endlich wieder bei ihrem Vater.
Das anfängliche Glück wird aber schnell von der Realität eingeholt.
In Köln wollen sie sich eine gemeinsam Zukunft aufbauen.
Während Jürgen eine Arbeit bei Ford bekommt muss Helga ihren Traum vom Gymnasium begraben.
Sie muss sich dem Willen des Vaters beugen und eine Haushaltungsschule besuchen.
Leider war es zu dieser Zeit für Mädchen immer noch nicht üblich ein Gymnasium oder gar eine Universität zu besuchen.
Als Helga ein Praktikum in einem Waisenhaus verrichtet muss sie erleben wie manche Kinder gequält werden.
Vor allem die Kinder der Besatzungsmacht und darunter die farbigen Kinder.
Lilly Bernstein hat für ihren Roman tolle Charaktere entwickelt und ihnen Leben eingehaucht.
Man kann sich die Schicksale der Protagonisten gut vor Augen führen.
Helga und Jürgen die seit Kriegsende auf einem französischen Weingut gelebt haben werden in Köln bei ihrem Vater von der Realität eingeholt.
Die LeserInnen bekommen aber auch vor Augen geführt wie schwer es war nach dem Krieg und der Gefangenschaft wieder in ein normales Leben zurückzukehren.
Genauso wird der Stand der Frau verdeutlicht. Auch Mitte der 1950er Jahre hatten die Frauen noch kein selbst bestimmtes Leben und so musste Helga sich auch dem Willen ihres Vaters beugen.
Lilly Bernstein vermittelt die Zeit der Handlung sehr authentisch.
Sie bringt den LeserInnen den Hass und die Vorurteile gegenüber den Besatzern zum Ausdruck.
Besonders die farbigen Kinder haben darunter zu leiden. Mich hat die Behandlung und die Quälerei der Kinder im Waisenhaus sehr betroffen gemacht.
Genauso ist aber auch das beginnende Wirtschaftswunder zu spüren.
Es ist die zeit des Petticoats, die Menschen wollen wieder Leben und sich vergnügen.
Das alles und noch so viel mehr wird in „Findelmädchen vermittelt.
Lilly Bernstein hat einen fesselnden und gut verständlichen Schreibstil.
Man spürt wie intensiv sich die Autorin mit der Recherche für ihren Roman beschäftigt hat.
So ist ein großer emotionaler Roman entstanden der das Schicksal einer Familie authentisch erzählt.