Die Besucherin

Joy Fielding
Roman
444 Seiten
erschienen im Goldmann Verlag
Übersetzt aus dem amerikanischen Englisch von Kristian Lutze
Meine Bewertung:
4 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Goldmann Verlag für das Rezensionsexemplar

Nebel im Kopf

Klappentext:
Als Linda Davidson ihre Freundin Carol in der Klinik besucht, ist die Station in heller Aufregung. Ein Patient ist am Morgen völlig unerwartet gestorben. War es wirklich ein natürlicher Tod? In großer Sorge um ihre Freundin, versucht Linda herauszufinden, was passiert ist. Dabei stößt sie auf die quirlige Jenny Cooper, eine ältere Patientin, die unumwunden zugibt, bereits einige Menschen umgebracht zu haben. Sagt Jenny die Wahrheit, oder versucht sie nur, sich interessant zu machen? Lindas Neugier ist geweckt, und sie beginnt, sich unauffällig umzuhören. Doch sie ahnt nicht, dass sie damit in einen tödlichen Strudel aus Geheimnissen und Lügen gerät, der auch ihrem Leben eine mörderische Wende gibt.

„Die Besucherin“ ist der neue Roman von Joy Fielding.
Von Joy Fielding, die für Spannung bekannt ist habe ich schon viele Bücher gelesen. Der neue Roman kann in der Spannung mit den anderen Büchern nicht mithalten. „Die Besucherin“ ist aber ein guter Roman zum Schmökern.

Im Mittelpunkt steht Linda Davidson, sie ist Witwe und besucht jede Woche ihre Freundin Carol im Legacy Place. Einer Einrichtung für Demenz Kranke.
An einem Tag macht sie Bekanntschaft mit Jenny Cooper, einer 92-jährigen dementen Frau.
Jenny vertraut Linda ihr Geheimnis an. Sie bringt Menschen um. Als bei ihrem nächsten Besuch plötzlich ein alter Mann verstorben ist, setzt sich bei Linda der Gedanke fest, dass Jenny ihn vergiftet haben könnte.
Obwohl Linda weiß, dass Jenny dement ist und nicht alles stimmt, was sie erzählt, fühlt sie sich magisch von der Frau angezogen. So besucht sie auch Jenny immer, wenn sie in Legacy Place ist. Die zwei Frauen unterhalten sich. Mal erzählt Jenny wen sie alles ermordet hat. Da auch Kennedy unter ihren Opfern ist, weiß man eigentlich, dass sie sich das alles zurecht spinnt. Doch ein kleiner Zweifel besteht immer.
Soweit ist der Plot interessant. Aber Linda besucht Jenny unzählige Male. Meist ist die Unterhaltung am Anfang immer die gleiche. Klar Jenny ist dement aber immer wieder das Gleiche zu lesen hat mich dann irgendwann genervt. Hier hätte man gut 100 Seiten kürzen können.
Das Ende war dann aber wieder so toll, dass es die Längen wieder etwas ausgemerzt hat.

Joy Fielding hat interessante Protagonisten gezeichnet. Besonders Linda hat mir gut gefallen. Ich hatte oft Mitleid mit ihr. Ihre beste Freundin erkennt sie nicht mehr. In ihrem eigenen Haus fühlt sie sich nicht mehr wohl, seit ihre Tochter und ihr Schwiegersohn bei ihr wohnen. Der Streit zwischen ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn steigert sich immer weiter und sie kann nichts dagegen tun.
Auch Jenny ist ein interessanter Charakter. Ihre Erzählungen sind manchmal ganz klar und manchmal wirr. Der Part zieht sich nur etwas zu sehr in die Länge.

Der Schreibstil von Joy Fielding ist gewohnt flüssig und gut verständlich.
Bei dieser Geschichte musste ich manchmal Schmunzeln, obwohl das Thema ernst ist.
Ich habe mich lange gefragt, ob Jenny nur eine einsam alte Frau ist, die sich in ihrer Demenz Geschichten ausdenkt. Manchmal waren ihre Erzählungen allerdings sehr klar. Jenny ist aber auch einsam, außer Linda bekommt sie keinen Besuch. Mit ihrer Geschichte hat sie Linda neugierig gemacht, sodass sie immer wieder kommt.
Das Ende der Geschichte ist dann einfach genial und das Rätsel wird aufgelöst.

„Die Besucherin“ war ein netter Roman dem ich durch das geniale Ende, trotz seiner Längen 4 Sterne geben möchte.

Sag mir was ich bin

Una Mannion
Roman
370 Seiten
erschienen im Steidl Verlag
Übersetzt aus dem Englischen von Tanja Handels
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Steidl Verlag für das Rezensionsexemplar

Eine dramatische Familiengeschichte

Klappentext:
Deena Garvey ist spurlos verschwunden. Für ihre Schwester Nessa bricht eine Welt zusammen, denn Deenas Ex-Freund Lucas, den sie für Deenas Mörder hält, untersagt ihr nicht nur den Kontakt zu ihrer kleinen Nichte, sondern nimmt Ruby auch noch mit nach Vermont. Dort, in der ländlichen Abgeschiedenheit der Inseln im Lake Champlain, lernt Ruby, wie man jagt und fischt, das Land bestellt und sich um Hühner kümmert. Sie lernt, was ihren Vater stolz und was ihn wütend macht. An ihre frühe Kindheit in Philadelphia erinnert sie sich nicht mehr. Bis ihr eines Tages ein Foto ihrer Mutter in die Hände fällt, eine Botschaft ihrer Tante, die seit Jahren alles daransetzt, Lucas zur Verantwortung zu ziehen und ihre Nichte zu beschützen. Ein Schatz, der vor Lucas verborgen werden muss und der sie dazu bringt, die Geschichten ihres Vaters in Frage zu stellen.

„Sag mir was ich bin“ von Una Mannion ist ein Roman mit reichlich Spannung.

Deena Gravey ist nach einigen Gewalttaten ihres Lebensgefährten mit ihrer Tochter Ruby zu ihrer Schwester Nessa gezogen. Doch plötzlich ist Dena verschwunden, sie ist einfach nicht mehr nach Hause gekommen.
Nessa sucht nach ihrer Schwester, doch hegt sie den Verdacht, dass Lucas, Deenas Lebensgefährte hinter ihrem Verschwinden steckt. Hat er sie gar ermordet?
Lucas nimmt seine Tochter Ruby zu sich und verbietet Nessa jeglichen Kontakt.
Lucas nimmt Ruby mit nach Vermont. Dort leben sie bei Lucas Mutter in völliger Abgeschiedenheit.
Una Mannion erzählt die Geschichte aus der Perspektive von Nessa und Ruby. So bekommen die Leser*innen hautnah mit wie sich Nessa um ihre Schwester sorgt. Wie sie nach ihr sucht und immer den Gedanken im Kopf hat, dass Lucas sie ermordet hat. Nessa gelingt es nicht Kontakt zu ihrer Nichte aufzunehmen, was sie zusätzlich belastet.

Ruby wächst bei Lucas und seiner Mutter auf. Die Farm ist sehr abgelegen und etwas heruntergewirtschaftet. Erst nachdem die Behörde es angeordnet hat, darf Ruby zur Schule gehen und findet das erste Mal Freundinnen.

Una Mannion erzählt den Roman spannend wie einen Krimi. Man blickt tief in die Seele der Charaktere.
In der Zeit springt die Geschichte vor und zurück. Es wird die Beziehung zwischen Lucas und Deena beleuchtet in der Gewalt geherrscht hat.
Genauso erleben die Leser*innen wie Ruby in der Einsamkeit aufwächst und auf der anderen Seite die Verzweiflung von Nessa, die keinen Kontakt zu ihrer Nichte haben kann.

Una Mannions Schreibstil ist flüssig und fesseln. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und habe es in 2 Tagen gelesen.

Für mich war es das erste Buch der Autorin aber mit Sicherheit werde ich weiter Bücher von Una Mannion lesen.

Season Sisters – Winterhoffnung

Anna Herford
Roman
368 Seiten
erschienen im dtv Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den dtv Verlag für das Rezensionsexemplar.

Geheimnisvolle Familiengeschichte auf zwei Zeitebenen

Klappentext:
Die vier Schwestern Spring, Summer, Autumn und Winter kämpfen jede auf ihre Weise um ihren Platz in der Welt, um Glück, Liebe und Erfolg. Jede von ihnen geht einen anderen Weg und muss herausfinden, wer sie eigentlich ist und welches Leben zu ihr passt. Dabei helfen ihnen Geschichten aus der Vergangenheit. Gemeinsam zerren sie die Dämonen ihrer Familienvergangenheit ans Licht.

Von den vier Season-Schwestern ist Winter die Ehrgeizige und Zielstrebige. Früh ist sie ihrem Elternhaus in Wales entflohen, um jenseits des Atlantiks Karriere zu machen. Doch ein Brief, der ihr das Erbe eines Anwesens im englischen Exmoor ankündigt, lockt sie zurück nach England. Winters Aufgabe wird es sein, das grausame Geheimnis der Familie ihres Vaters David aufzudecken.

„Season Sisters – Winterhoffnung“ ist der 4. Band der Reihe „Die vier Schwestern“ von Anna Helford.
Die Reihe erzählt von den 4 Schwestern Spring, Summer, Autumn und Winter, die alle ein Familiengeheimnis aufdecken.

Im 4. Band steht Winter im Vordergrund. Sie hat das Zuhause schon früh verlassen und wollte im Beruf Karriere machen.
Wie schon die Schwestern vorher, bekommt auch Winter nach dem Tod der Großmutter einen Brief. Im Brief wird ihr als Erbe ein Anwesen in Wales offeriert. Eigentlich hatte Winter mit ihrer Familie abgeschlossen, doch das Erbe bringt Winter dazu von den USA zurück nach Wales zu kommen.

Auch im 4. Band gibt es eine zweite Zeitebene. Die führt die Leser*innen zurück in die 1870er Jahre. Hier lernen die Leser*innen die Geschichte von Rosalie kennen. Rosalie war einst Zofe und begleitete ihre Herrin, als diese kränklich wurde, auf das Anwesen White Ball Hall. Rosalie hat sich dort nie wohlgefühlt. Ein Geheimnis wabert um das Anwesen.

Anna Helford hat mich schon lange mit dieser Reihe gefesselt. In jedem Band ein anderes Setting und ein anderer Charakter der im Mittelpunkt steht.
Auf den letzten Band und die Geschichte von Winter war ich natürlich auch sehr gespannt.
Das Setting in diesem Band ist Wales und die Geschichte ist genauso spannend wie die, der 3 vorherigen Bände.

Der lockerer und gut verständlicher Schreibstil der Autorin lassen die Seiten nur so dahinfliegen. Wobei mich auch in diesem Band die Vergangenheit noch mehr angezogen hat wie die Gegenwart. Der Vergangenheit mutet wieder etwas Geheimnisvolles an.

Gekonnt verknüpft Anna Helford dann die zwei Erzählstränge zu einem Ganzen.
Ich habe mich gefreut nun auch Winter besser kennenzulernen. Auch sie hat in ihrer Geschichte eine positive Entwicklung durchlebt.

‚Season Sisters – Winterhoffnung“ ist ein weiterer gelungener Band der vier Schwestern-Reihe und ich bin etwas wehmütig, dass die Reihe jetzt schon abgeschlossen ist.

Die Insel des kleinen Gottes

Alexander Pechmann
Roman
206 Seiten
erschienen im Steidl Verlag
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Steidl Verlag für das Rezensionsexemplar

Die Legende um ein Schiffsunglück

Klappentext:

David Van Roon arbeitet südlich von Rhode Island an der Karte einer Insel, als er Zeuge eines Unglücks wird: Die Princess Augusta erleidet Weihnachten 1738 vor der Küste Schiffbruch. Obwohl Van Roon einer der wenigen ist, die kurzentschlossen hinausrudern, um zu helfen, plagen ihn Albträume und Gewissensbisse, nachdem er aufs Festland zurückgekehrt ist. Seine Erinnerung an die Katastrophe bleibt merkwürdig lückenhaft. Als ein Jahr später Gerüchte über ein vor der Insel aufgetauchtes Geisterschiff kursieren, fühlt er sich gezwungen, der Sache auf den Grund zu gehen. Die Überlebende Long Kate berichtet ihm von der monatelangen Überfahrt, von den Leiden der Passagiere, den Verbrechen der Crew und von einem Unheil, das in der Alten Welt seinen Anfang nahm. Doch erst als Van Roon selbst das brennende Schiff vor Block Island sichtet, erkennt er das Ausmaß seiner eigenen Schuld.

„Die Insel des kleinen Gottes“ ist ein historisch-phantastischer Roman von Alexander Pechmann.

Im Mittelpunkt steht David Van Roon, er wird Zeuge eines Schiffsunglücks. Obwohl er noch versucht hatte zur Hilfe zu kommen, bleibt das Bild immer in seinem Gedächtnis.
Nur ca. 60 Menschen haben das Unglück des Auswandererschiffs überlebt. Es spinnen sich Geschichten um das Unglück. David Van Roon kehrt nach einiger Zeit an den Ort des Unglücks zurück, um seine Erinnerungen zu sortieren.
Es stellt sich die Frage, wurde das Schiff mit Absicht in Brand gesteckt?

Diese Geschichte ist aus zahlreichen Geschichten und Balladen um das Geisterschiff „The Palatine Light“, sowie aus der Inselchronik von Block Island und der historischen Fahrt der Princess Augusta entstanden.

Alexander Pechmann lässt seine Leser*innen an den Gedanken und Erzählungen von David Van Roon teilhaben. Dabei lässt David Van Roons Gedächtnis ihn immer wieder im Stich. Die Leser*innen erfahren nur häppchenweise was geschehen ist. Kate, eine Überlebende des Schiffsunglücks, die als Hexe an Bord verschrien war hingegen erinnert sich genauer an das Unglück. Sie erzählt ihr Erlebnis klar und deutlich.
So entsteht auch Stück für Stück für die Leser*innen ein klares Bild.

Alexander Pechmann erzählt mit diesem Roman eine Geschichte aus Legenden und Mythen. Mich hat die Geschichte schnell richtig gefesselt. Dabei ist der Schreibstil von Alexander Pechmann flüssig und gut verständlich. Der Autor versteht es die Eindrücke von David Van Roon und Kate auch unterschiedlich auszudrücken. So das man schon an der Sprache bemerkt, wer gerade erzählt.

„Die Insel des kleinen Gottes“ ist ein mystische und fesselnde Geschichte die ich an einem Abend gelesen habe.

Der belgische Konsul

Amélie Nothomb
Roman
142 Seiten
erschienen im Diogenes Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Diogenes Verlag für das Rezensionsexemplar

Der belgische Konsul kurz vor der Erschießung

Klappentext:

Sein erster Posten führt Patrick Nothomb in den jüngst unabhängig gewordenen Kongo. In Stanleyville soll er als Generalkonsul Belgien vertreten. Aber das Jahr 1964 hält anderes bereit, und so muss er, der kein Blut sehen kann, um das Leben Hunderter Geiseln verhandeln. Doch wer ist dieser junge Mann? Amélie Nothomb zeichnet das Bild seiner Kindheit zwischen belgischer Hautevolee und wilden Ardennen. Ein intimes Familienporträt, aber auch die Geschichte einer Welt im Wandel.

„Der belgische Konsul“ ist das Buch einer Tochter über ihren Vater von Amélie Nothomb.

Die Geschichte beginnt damit, dass der belgische Konsul Patrick Nothomb vor dem Erschießungskommando steht. Er wollte verhandeln und die Geiseln retten, die von Rebellen im Kongo festgehalten werden.
Dann kommt ein Bruch und es wird die Kindheit von Patrick Nothomb erzählt. Die Mutter wurde früh Witwe und das Kind ist bei den Großeltern aufgewachsen. Patrick hatte ein gutes Leben, hatte alles was er brauchte, außer seine Mutter. In den Freien besuchte er seinen Großvater in den Ardennen. Hier lernte er ein völlig anderes Leben kennen. Lernte Hunger und Kälte bedeutet. Lernte Entbehrung und Gehorsam.
Bis Patrick Nothomb am Ende wieder vor dem Erschießungskommando steht.

Amélie Nothomb zeichnet ein deutliches Bild von seinem Vater. Man kann sich die Kindheit und Jugend gut vorstellen. Die gütigen Großeltern auf der einen Seite und der strenge und selbstgefällige Großvater auf der anderen Seite.

Amélie Nothomb hat eine fesselnden und intensiven Schreibstil. Trotz der nur 142 Seiten steht so viel in dem Buch drin. Man kann sich ein gutes Bild von Patrick Nothom machen.

„Der belgische Konsul“ ist eine interessante Geschichte, ich habe das Buch an einem Abend gelesen.

Im Namen der Barmherzigkeit

Hera Lind
Roman
449 Seiten
erschienen im Droemer Knaur Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Droemer Knaur Verlag für das Rezensionsexemplar

Ein berührender Schicksalsroman

Klappentext:
Im Namen der Barmherzigkeit nimmt die steirische Bauernfamilie Kellerknecht jedes Jahr ein Pflegekind auf. So kommt die knapp dreijährige Steffi in den Siebzigerjahren auf den abgelegenen Bauernhof. Zwischen den anderen Pflegekindern lernt sie schnell, dass sie für ihre kargen Mahlzeiten und das Etagenbett in der Dachkammer hart schuften muss, und zwar barfuß. Ab ihrem neunten Lebensjahr wird Steffi vom Bauern regelmäßig missbraucht. Mit fünfzehn ist sie schwanger und wird in ein Kloster abgeschoben, wo sich barmherzige Nonnen um ledige junge Mütter kümmern. Steffi will ihrem Kind eine bessere Kindheit bieten und macht sich auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter.

„Im Namen der Barmherzigkeit“ ist ein sehr berührender Schicksalsroman Hera Lind.

Im Mittelpunkt steht Steffi. Die Mutter hat sie bei der Geburt direkt abgelehnt. Das Kind ist bei einem Fehltritt mit einem türkischen Mann gezeugt worden. So landet Steffi im Heim.
Mit kaum 3 Jahren kommt sie zu als Pflegekind zu der Familie Kellerknecht auf den Bauernhof. Die Familie hat schon einige Pflegekinder und nimmt immer wieder welche dazu. Vom Pfarrer wird die Familie in der Kirche wegen ihrer Barmherzigkeit gelobt.
Doch für Pflegekinder bekommt man vom Jugendamt Geld. Geld mit dem die Familie gut leben konnte. Es wurde zwischen echten (also leiblichen) Kindern und Pflegekinder unterschieden. Die echten Kinder hatten jeder ein eigenes Zimmer im 1. Stock, da gab es auch ein Badezimmer. Die Pflegekinder mussten sich kleine Kammern im Dachgeschoss teilen und eine Dusche im Keller, die nur kaltes Wasser hatte benutzen. Sie durften keine Schuhe tragen und von morgens bis abends auf dem Hof, Feld oder im Haus arbeiten. Die Kinder waren oft so müde, dass sie in der Schule einschliefen. Wenn das Jugendamt zur Kontrolle kam, dann wurden sie mit einem Präsentkorb geblendet. Und zu guter Letzt wurde, Steffi auch noch jahrelang von ihrem Pflegevater missbraucht.

Hera Lind vermittelt das Leben der Kinder auf dem Kellerknechthof schonungslos. Die Geschichte ist nicht immer leicht zu lesen. Ich hatte oft einen Kloß im Hals. Die Pflegekinder wurden alle klein gehalten. Ihnen wurde vorgeworfen aus asozialen Verhältnissen zukommen und die Barmherzigkeit der Kellerknecht gar nicht verdient zu haben. Auch als Steffi auf ihre leibliche Mutter trifft, wird sie von der nur schamlos ausgenutzt. Dabei möchte Steffi doch nur einmal liebgehabt werden.
Wie gerne hätte ich Steffi manchmal in den Arm genommen.

Steffi durchlebt in der Geschichte einen großen Leidensweg. Trotz vieler Rückschläge und der Tablettenabhängigkeit, in die sie gerät, habe ich Steffi für ihre Kraft bewundert.

Hera Lind erzählt die Geschichte sehr emotional. Ich war beim Lesen oft den Tränen nahe. Ich denke, der Autorin ging es beim Schreiben und vor allem bei den Gesprächen mit Steffi nicht anders.
Trotzdem hat die Geschichte manchmal eine Leichtigkeit die den Leser*innen über den oft schwer verdaulichen Stoff hinweg hilft. Der Schreibstil von Hera Lind ist flüssig und gut verständlich. Die Charaktere werden gut beschrieben und sind bei weitem nicht alle sympathisch. Die Psychologin Frau Dr. Karin Winkler möchte ich hervorheben, sie war Steffi die größte Stütze.

„Im Namen der Barmherzigkeit“ ist ein Buch nach einem wahren Schicksal, dass mich sehr bewegt hat.

Saigon Blues

Peter Balsiger
Roman
erschienen im Münster Verlag
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Münster Verlag für das Rezensionsexemplar

Das Buch muss man einfach empfehlen

Klappentext:

Als Antoine das letzte Mal Saigon verliess, geschah es unter donnernden Geschützen, panischen Menschenmassen und einer nahenden Armee der Nordvietnamesen. Nun ist er wieder hier, in jener Stadt, die ihn so sehr verändert hat, in dem Land, das ihm gezeigt hat, was Krieg bedeutet. Sein Auftrag: Verschwundene Amerikanische Soldaten wiederzufinden, und seien es nur ein paar Knochen. Larson, sein alter Freund bei der CIA, meint, es sei genau die richtige Aufgabe für einen dschungelerfahrenen Mann wie ihn. Bald findet sich Antoine dort im Dschungel wieder, zwischen rivalisierenden Opium-Banden, kriegerischen Stämmen, und einem mysteriösen amerikanischen Kommandanten, der seit dem Krieg verschollen war. Widersteht Antoine zwischen allen Fronten. Aber der Kampf ist ihm nicht fremd und diesmal kämpft er nicht nur um seine verlorene Liebe, sondern auch für die Tochter, die nichts von ihm weiss


„Saigon Blues“ von Peter Balsiger setzt die Geschichte des Kriegsreporters Antoine Steiner fort.
In dem Roman „Der letzte Chindit“ habe ich Antoine bereits kennengelernt. Er ist ein spannender Charakter, der sich von nichts unterkriegen lässt.

Die LeserInnen werden mit Drogenbaronen und kriegerischen Bergstämmen konfrontiert.
Und mit der Macht des Opiums.


Antoine, der sich im Land und im Dschungel auskennt, soll nach verschwundenen amerikanischen Soldaten suchen.
So sieht sich Antoine wieder in dem Land, dass ihm gezeigt hat, was Krieg bedeutet. Er sieht sich wieder im Dschungel mit den rivalisierenden Drogenbanden.

Peter Balsiger war selbst lange Zeit als Kriegsreporter tätig und das spürt man auf jeder Seite.
Der Mann weiß, wovon er schreibt.
Die Erzählung ist so intensiv und ehrlich, dass mir beim Lesen manchmal der Atem gestockt ist.
Plötzlich hat man Bilder im Kopf, wähnt sich selber mitten im Dschungel.
Schonungslos und ehrlich beschreibt der Autor die Macht der Drogen und der Drogenbarone.

Das Buch ist facettenreich und sehr spannend.
Einmal angefangen kommt man in einen Leserausch und kann das Buch nicht mehr aus der Hand legen.

Nachdem ich schon „Der letzte Chindit“ gelesen habe, war ich neugierig auf „Saigon Blues“ und es hat mir genauso spannende Lesestunden bereitet.

Geliebte Mutter

Çiğdem Akyol
Roman
236 Seiten
erschienen im Steidl Verlag
4 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Steidl Verlag für das Rezensionsexemplar

Ein emotionaler Roman

Klappentext:
Als Aynur mit Alvin verheiratet wird, blühen in Istanbul die Tulpen. Aynur ist 19 Jahre alt, trägt gerne Schlaghosen und taillierte Blusen und hat für Frauen mit Kopftuch nur Spott übrig. Alvin, ein Mann vom Dorf, ungebildet und aus einer frommen Familie, arbeitet in Deutschland unter Tage. Almanya ist eine Verheißung, die Aynur nie gelockt hat, doch ihr Bruder will sie aus dem Haus haben und sie muss sich fügen. Die Geschwister Meryem und Ada sind längst erwachsen als Alvin stirbt. Für sie ist es ein glücklicher Tag. Zu tief sind die Wunden, die ihnen beide Eltern in ihrem gemeinsamen Unglück zugefügt haben. Çiğdem Akyol erzählt von den Folgen einer erzwungenen Ehe, vom Verlust von Identität und einer andauernden Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Heimkehr. Die Geschichte zeigt aber auch, wie es Ada und Meryem gelingt, aus Klassenschranken auszubrechen, sich selbst zu behaupten und aufzusteigen. Tragik, Hoffnung und Freude stehen in diesem Roman eng nebeneinander.

„Geliebte Mutter“ ein bewegender und emotionaler Roman von Çiğdem Akyol.

Die Geschichte wird aus der Sicht von Meryem erzählt. Es ist die Geschichte ihrer Familie. Die Eltern Aynur und Alvin und den Kindern Meryem und Ada. Aynur hat eine moderne Lebenseinstellung, Alvin hingegen ist ungebildet und hält an Traditionen fest. Es ist eine Familie die von Gewalt geprägt ist.
Die Eltern wurden jung geheiratet. Die Mutter Aynur musste mit ihrem Mann nach Deutschland, in ein Land in das sie nicht gewollt hatte. Die Gewalt begann schon in der Hochzeitsnacht, als Aynur von ihrem Mann vergewaltigt wurde. Diese Gewalt hat in den 50 Jahren die, die Beziehung überdauerte nie aufgehört. Auch vor den Kindern hat die Gewalt keinen Halt gemacht. So war der Tod des Vaters für Meryem eher eine Erleichterung statt Trauer.

Çiğdem Akyol hat bereits einige politische Sachbücher veröffentlicht, die mit Preisen gekürt wurden. „Geliebte Mutter“ ist der erste Roman der Autorin.

Die Autorin versteht es ihre Leser*innen zu fesseln. Man taucht tief in das Leben der Familie ein. Meryem erzählt uns ja praktisch ihre Geschichte. Man spürt das Trauma, dass sie vom Leben in der Familie zurückbehalten hat. Begonnen hat die Gewalt durch den Vater aber auch die Mutter hat oft Schläge bei den Kindern angewandt. Oft habe ich mich gefragt, warum Aynur nicht mit den Kindern ihren Mann verlassen hatte. Aber ich stelle mir das als türkische Frau in einem anderen Land schwer vor. So war sie nicht erzogen.
Meine Gefühle beim Lesen waren oft Entsetzen und Traurigkeit.

Çiğdem Akyol hat einen flüssigen und gut verständlichen Schreibstil. Ihre Sprache ist ausgewählt und fein. Dabei erzählt sie die Geschichte von Meryem schonungslos.
Die Charaktere wirken sehr lebendig und waren mir nahe. Das hat meine Bestürzung oft noch stärker gemacht.

„Geliebte Mutter“ ist ein sehr emotionaler Roman, den ich trotz des schweren Themas sehr gerne gelesen habe.

Jenseits aller Zeit

Sebastian Barry
Roman
278 Seiten
erschienen im Steidl Verlag
Übersetzt von Hans-Christian Oeser
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Steidl Verlag für das Rezensionsexemplar

Ein fesselnder Roman

Klappentext:
Nach vierzig Jahren als Kriminalbeamter wird Tom Kettle in seinem neuen Zuhause angespült, einer kleinen Einliegerwohnung im Anbau einer viktorianischen Burg, mit Blick auf den Coliemore Harbour und die Irische See. Am liebsten sitzt er in seinem Korbsessel, raucht Zigarillos und schaut durchs Panoramafenster aufs Meer. Sich nicht zu rühren, glücklich und nutzlos zu sein, ist für ihn Sinn und Zweck des Ruhestands. Schon seit Monaten hat er kaum eine Menschenseele gesehen, als an einem stürmischen Frühlingsnachmittag zwei ehemalige Kollegen an seine Tür klopfen und ihn zu einem alten Mordfall befragen wollen. Ein traumatischer Fall, der alte Wunden aufreißt, denn, nichts war so, wie behauptet wurde. Die Wahrheit eingeschlossen. Die Gardaí. Das Land. Tom Kettle ist ein unzuverlässiger Zeuge und ein unzuverlässiger Erzähler. Seine Welt ist ein Ort voller Trauer und leisem Humor. Hier verweilen die Geister seiner Frau und seiner Kinder, verschwimmen Pflicht und Gerechtigkeit, geht die Erinnerung ganz eigene, verschlungene Wege.

„Jenseits aller Zeit“ ist ein fesselnder Roman von Sebastian Barry.

Der Autor erzählt die Geschichte von Tom Kettle. Er war Kriminalbeamter und ist jetzt im Ruhestand. Sein weiteres Leben stellt er sich einsam und gemütlich vor. Einsam, weil er es will. Ihm reicht es in seinem Sessel zu sitzen und die See zu beobachten. Doch eines Tages stehen zwei ehemalige Kollegen vor der Tür und wollen Einzelheiten über einen alten Fall von Tom erfahren. Einem grausamen Fall, bei dem nichts war, wie es anmutete.

Sebastian Barry spricht mit dem alten Fall ein heikles und aktuelles Thema an. Es geht um Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen und kirchlich unterstützten Organisationen. Die Wahrheit kam nie ans Tageslicht. Überall wurde einiges vertuscht. Was bekannt ist, entspricht nicht unbedingt der Wahrheit. Wie viele Missbrauchsfälle noch gar nicht aufgedeckt sind, kann man nur ahnen. Auch Toms Erinnerungen entsprechen nicht mehr ganz der Realität. Den bei so einem Fall versucht man einiges mit der Zeit zu verdrängen.

Die Geschichte hat mich gefesselt, war aber doch manchmal, dem Thema geschuldet, schwer zu lesen.
Sebastian Barry hat den Leser*innen aber eine Brücke gebaut, indem Tom zwischendurch von der See und dem schönen Irland erzählte. Auch hat Tom den für Irland typischen Humor. Das hat bei dem schweren Stoff enorm geholfen. Auch Tom hat das bei seinen Erinnerungen geholfen, die für ihn nicht immer leicht zu ertragen waren.

Sebastian Barry hat einen flüssigen und gut verständlichen Schreibstil. Trotz des schweren Themas versteht er es, die Leser*innen zu fesseln.

„Jenseits aller Zeit“ ist mein erstes Buch von Sebastian Barry, gerne lese ich wieder ein Buch des Autors.



Die Wildblütentochter

Tessa Collins
Roman
525 Seiten
erschienen im Ullstein Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Ullstein Verlag für das Rezensionsexemplar

Auch der 2. Band überzeugt

Klappentext:
Soley hat alles, was sie sich je erträumt hat: Erfolg, Geld, einen gutaussehenden Freund. Doch obschon von den Fans bejubelt, fühlt sich die Sängerin auf der Bühne so allein wie noch nie. Als nach dem Tod ihrer Großmutter Rose auf dem Familienanwesen das Ölgemälde einer Frau auftaucht, die aussieht wie sie, glimmt eine Sehnsucht in ihr auf. Sie muss herausfinden, wer diese Frau war und was sie mit ihr zu tun hat. Auf eigene Faust folgt sie den Spuren des Bildes nach Island, und sie taucht ein in die Geschichte eines Landes, mit dem sie tiefer verbundener ist, als sie es je hätte ahnen können


„Die Wildblütentochter“ ist der 2. Band der Blumentöchter-Saga von Tessa Collins.
Tessa Collins ist das Pseudonym von Silke Ziegler die mich schon mit ihren Krimis und der Purpurküsten-Reihe begeistert hat.

Nachdem mir der 1. Band „Die Blumentöchter“ so gut gefallen hat, bin ich neugierig auf die Folgebände.

Tessa Collins entführt ihre Leser*innen nach Cornwall und nach Island.
Im Mittelpunkt steht Soley. Sie ist Sängerin und wird von ihren Fans bejubelt. Aber trotzdem ist in ihr eine Einsamkeit, die sie nicht zuordnen kann.
Wie schon Dalia zuvor, macht auch Soley nach dem Tod der Großmutter Rose eine Entdeckung. Bei ihr ist es das Ölgemälde einer Frau, die Soley zum Verwechseln ähnlich sieht.
Soley findet heraus, dass die Spuren der geheimnisvollen Frau nach Island führen. So reist Soley kurzentschlossen nach Island, um nach ihren Wurzeln zu suchen und vielleicht ihre innere Einsamkeit zu füllen.

Tessa Collins versteht es Charaktere zu zeichnen und durch die Geschichte zu führen. Vor allem hat mir in diesem Band natürlich Soley gefallen. Auch die Großmutter Rose ist mir, auch wenn sie nicht mehr lebt sympathisch. Sie scheint überall Spuren für ihre Enkelinnen ausgelegt zu haben. So hat sie Dalia nach Mexico und Soley nach Island geschickt. Die Spannung, was die anderen Enkeltöchter erleben werden ist bei mir groß.

Ich habe Soley gerne auf ihrer Reise begleitet. Es war schön mitzuerleben, wie sich Soley entwickelt. Obwohl ich sie manchmal gerne etwas angetrieben hätte, wenn sie zu zögerlich war. Auch den Streit mit Jon hätte ich ihr voraussagen können. Denn sie hat ihm ihre wahre Identität lange verheimlicht.

Zwischen den einzelnen Kapiteln gibt es Reisen wie in die Vergangenheit so, dass die Leser*innen auch einiges von der Frau auf dem Gemälde erfahren.
Tessa Collins erzählt die Geschichte mit viel Gefühl. Dabei ist ihr Schreibstil flüssig und gut verständlich.
Ich habe das Lesen von „Die Wildblütentochter“ genossen und freue mich jetzt schon auf den 3. Band „Die Nelkentochter“ der Ende Juli 2025 erscheinen wird und die Leser*innen nach Sri Lanka führen wird.