Die Kraft der Ebbe

Anna Johannsen / Elke Bergsma
Kriminalroman
303 Seiten
erschienen im Edition M Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an NetGalley für das Rezensionsexemplar

Die Jagd auf den de Jong-Clan geht weiter

Klappentext:
Die dramatischen Ereignisse der letzten Wochen haben im Team um Lina Lübbers und Kea Siefken tiefe Spuren hinterlassen. Dennoch ist keine Atempause in Sicht, denn der niederländische de Jong-Clan operiert weiter und ist den Ermittlern immer einen Schritt voraus. Lina und Kea sind gezwungen, ihre Strategie zu ändern und in die Offensive zu gehen, wodurch nicht zuletzt der Undercover-Einsatz von Hauke Behrends zu einem unberechenbaren Risiko wird.

„Die Kraft der Ebbe“ ist der dritte und letzte Band der Lina Lübbers & Kea Siefken Trilogie von Anna Johannsen und Elke Bergsma.
Von Anna Johannsen habe ich schon viele spannende Krimis gelesen, die Trilogie ist das erste Werk, dass ich von Elke Bergsma lese. Ich war schon beim ersten Band neugierig wie die beiden Autorinnen zusammen harmonieren.

Die Charaktere der beiden Autorinnen gefallen mir gut. Besonders natürlich die beiden Kommissarinnen Kea Siefken und Lina Lübbers. Die beiden sind sehr verschieden und haben sich nach ersten Missstimmungen gut zusammengerauft.

Lina Lübbers ist eigentlich in Osnabrück tätig, in Aurich sollte sie nach einem Maulwurf fanden. Den hat sie mittlerweile ausfindig gemacht. Jetzt geht es noch darum den de Jong-Clan unschädlich zu machen. Ob Lina dann in Aurich bleibt oder nach Osnabrück zurückkehrt, wird sich zeigen.

In diesem Band geht es jetzt darum, den de Jong-Clan unschädlich zu machen und die Personen, die ganz ober in der Hierarchie stehen festzunehmen. Damit geht auch der Untercover-Einsatz von Hauke Behrend weiter, was nicht ungefährlich ist. Dank der guten Zusammenarbeit mit dem niederländischen Kollegen können bald erste Erfolge verbucht werden. Doch an die Hintermänner zukommen bleibt schwierig.

Die beiden Autorinnen erzählen die Geschichte aus der Ich-Perspektive der beiden Kommissarinnen. Dabei wechseln sich die Kapitel mit den Kommissarinnen ab. Aber keine Angst, man kommt nicht durcheinander. Die Kapitel sind mit dem Namen der Kommissarin überschrieben und man weiß immer, wo man zu Hause ist.
Ich habe mich schon im ersten Band schnell an die Ich-Perspektive gewönnt. Ich finde es sehr spannend die Charaktere so zu begleiten. Man bekommt alles hautnah mit, kann sich richtig in die Person hineinversetzten, kann spüren, was sie fühlen und lesen, was sie denken. Ich finde, es ist eine interessante Erfahrung einen Krimi mit dieser Perspektive zu lesen.

Die beiden Autorinnen harmonieren sehr gut zusammen. Man merkt beim Lesen nicht, dass zwei Personen an der Geschichte geschrieben haben.

Anna Johannsen und Elke Bergsma haben in diesem Krimi die Handlungsorte sehr gut beschrieben. Die Ermittlungen werden auch spannend geschildert und man fiebert richtig mit, ob es den Ermittlern gelingt den Clan zu zerschlagen.

„Die Kraft der Ebbe“ ist wieder ein spannender und unterhaltsamer Krimi.
Jetzt ist die Trilogie leider zu Ende gelesen. Ich bin mir aber sicher, die beiden Autorinnen werden ihre Leser*innen mit neuen, spannenden Kriminalromane verwöhnen.

Im Namen der Barmherzigkeit

Hera Lind
Roman
449 Seiten
erschienen im Droemer Knaur Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Droemer Knaur Verlag für das Rezensionsexemplar

Ein berührender Schicksalsroman

Klappentext:
Im Namen der Barmherzigkeit nimmt die steirische Bauernfamilie Kellerknecht jedes Jahr ein Pflegekind auf. So kommt die knapp dreijährige Steffi in den Siebzigerjahren auf den abgelegenen Bauernhof. Zwischen den anderen Pflegekindern lernt sie schnell, dass sie für ihre kargen Mahlzeiten und das Etagenbett in der Dachkammer hart schuften muss, und zwar barfuß. Ab ihrem neunten Lebensjahr wird Steffi vom Bauern regelmäßig missbraucht. Mit fünfzehn ist sie schwanger und wird in ein Kloster abgeschoben, wo sich barmherzige Nonnen um ledige junge Mütter kümmern. Steffi will ihrem Kind eine bessere Kindheit bieten und macht sich auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter.

„Im Namen der Barmherzigkeit“ ist ein sehr berührender Schicksalsroman Hera Lind.

Im Mittelpunkt steht Steffi. Die Mutter hat sie bei der Geburt direkt abgelehnt. Das Kind ist bei einem Fehltritt mit einem türkischen Mann gezeugt worden. So landet Steffi im Heim.
Mit kaum 3 Jahren kommt sie zu als Pflegekind zu der Familie Kellerknecht auf den Bauernhof. Die Familie hat schon einige Pflegekinder und nimmt immer wieder welche dazu. Vom Pfarrer wird die Familie in der Kirche wegen ihrer Barmherzigkeit gelobt.
Doch für Pflegekinder bekommt man vom Jugendamt Geld. Geld mit dem die Familie gut leben konnte. Es wurde zwischen echten (also leiblichen) Kindern und Pflegekinder unterschieden. Die echten Kinder hatten jeder ein eigenes Zimmer im 1. Stock, da gab es auch ein Badezimmer. Die Pflegekinder mussten sich kleine Kammern im Dachgeschoss teilen und eine Dusche im Keller, die nur kaltes Wasser hatte benutzen. Sie durften keine Schuhe tragen und von morgens bis abends auf dem Hof, Feld oder im Haus arbeiten. Die Kinder waren oft so müde, dass sie in der Schule einschliefen. Wenn das Jugendamt zur Kontrolle kam, dann wurden sie mit einem Präsentkorb geblendet. Und zu guter Letzt wurde, Steffi auch noch jahrelang von ihrem Pflegevater missbraucht.

Hera Lind vermittelt das Leben der Kinder auf dem Kellerknechthof schonungslos. Die Geschichte ist nicht immer leicht zu lesen. Ich hatte oft einen Kloß im Hals. Die Pflegekinder wurden alle klein gehalten. Ihnen wurde vorgeworfen aus asozialen Verhältnissen zukommen und die Barmherzigkeit der Kellerknecht gar nicht verdient zu haben. Auch als Steffi auf ihre leibliche Mutter trifft, wird sie von der nur schamlos ausgenutzt. Dabei möchte Steffi doch nur einmal liebgehabt werden.
Wie gerne hätte ich Steffi manchmal in den Arm genommen.

Steffi durchlebt in der Geschichte einen großen Leidensweg. Trotz vieler Rückschläge und der Tablettenabhängigkeit, in die sie gerät, habe ich Steffi für ihre Kraft bewundert.

Hera Lind erzählt die Geschichte sehr emotional. Ich war beim Lesen oft den Tränen nahe. Ich denke, der Autorin ging es beim Schreiben und vor allem bei den Gesprächen mit Steffi nicht anders.
Trotzdem hat die Geschichte manchmal eine Leichtigkeit die den Leser*innen über den oft schwer verdaulichen Stoff hinweg hilft. Der Schreibstil von Hera Lind ist flüssig und gut verständlich. Die Charaktere werden gut beschrieben und sind bei weitem nicht alle sympathisch. Die Psychologin Frau Dr. Karin Winkler möchte ich hervorheben, sie war Steffi die größte Stütze.

„Im Namen der Barmherzigkeit“ ist ein Buch nach einem wahren Schicksal, dass mich sehr bewegt hat.

Saigon Blues

Peter Balsiger
Roman
erschienen im Münster Verlag
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Münster Verlag für das Rezensionsexemplar

Das Buch muss man einfach empfehlen

Klappentext:

Als Antoine das letzte Mal Saigon verliess, geschah es unter donnernden Geschützen, panischen Menschenmassen und einer nahenden Armee der Nordvietnamesen. Nun ist er wieder hier, in jener Stadt, die ihn so sehr verändert hat, in dem Land, das ihm gezeigt hat, was Krieg bedeutet. Sein Auftrag: Verschwundene Amerikanische Soldaten wiederzufinden, und seien es nur ein paar Knochen. Larson, sein alter Freund bei der CIA, meint, es sei genau die richtige Aufgabe für einen dschungelerfahrenen Mann wie ihn. Bald findet sich Antoine dort im Dschungel wieder, zwischen rivalisierenden Opium-Banden, kriegerischen Stämmen, und einem mysteriösen amerikanischen Kommandanten, der seit dem Krieg verschollen war. Widersteht Antoine zwischen allen Fronten. Aber der Kampf ist ihm nicht fremd und diesmal kämpft er nicht nur um seine verlorene Liebe, sondern auch für die Tochter, die nichts von ihm weiss


„Saigon Blues“ von Peter Balsiger setzt die Geschichte des Kriegsreporters Antoine Steiner fort.
In dem Roman „Der letzte Chindit“ habe ich Antoine bereits kennengelernt. Er ist ein spannender Charakter, der sich von nichts unterkriegen lässt.

Die LeserInnen werden mit Drogenbaronen und kriegerischen Bergstämmen konfrontiert.
Und mit der Macht des Opiums.


Antoine, der sich im Land und im Dschungel auskennt, soll nach verschwundenen amerikanischen Soldaten suchen.
So sieht sich Antoine wieder in dem Land, dass ihm gezeigt hat, was Krieg bedeutet. Er sieht sich wieder im Dschungel mit den rivalisierenden Drogenbanden.

Peter Balsiger war selbst lange Zeit als Kriegsreporter tätig und das spürt man auf jeder Seite.
Der Mann weiß, wovon er schreibt.
Die Erzählung ist so intensiv und ehrlich, dass mir beim Lesen manchmal der Atem gestockt ist.
Plötzlich hat man Bilder im Kopf, wähnt sich selber mitten im Dschungel.
Schonungslos und ehrlich beschreibt der Autor die Macht der Drogen und der Drogenbarone.

Das Buch ist facettenreich und sehr spannend.
Einmal angefangen kommt man in einen Leserausch und kann das Buch nicht mehr aus der Hand legen.

Nachdem ich schon „Der letzte Chindit“ gelesen habe, war ich neugierig auf „Saigon Blues“ und es hat mir genauso spannende Lesestunden bereitet.

Der Dorfladen – Was das Leben verspricht

Anne Jacobs
Historischer Roman
574 Seiten
erschienen im Blanvalet Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an das Bloggerportal und den Blanvalet Verlag für das Rezensionsexemplar

Eine gelungene Fortsetzung der Dorfladen-Saga

Klappentext:

Dingelbach, am Fuße des Taunus, 1925. Der kleine Dorfladen der Familie Haller ist nach wie vor der Dreh- und Angelpunkt, das Herzstück, des ganzen Ortes. Aber Einiges hat sich doch verändert. Frieda besucht weiterhin die Schauspielschule in Frankfurt und steht kurz vor ihrem Abschluss. So ganz loslassen kann sie ihre Heimat allerdings nicht, hängt sie doch sehr vor allem an ihrer kleinen Schwester Ida. Diese ist der schlaue Kopf der Familie und besucht inzwischen ein Gymnasium in Frankfurt. Die älteste und vernünftigste der Schwestern, Herta, ist immer noch die größte Stütze ihrer Mutter im Dorfladen. Aber auch in ihrem Leben wird es einen großen Umbruch geben … Werden die Schwestern den Weg, den das Leben verspricht, gut meistern und ihr Glück finden?

„Der Dorfladen – Was das Leben verspricht“ von Anne Jacobs ist der 2. Band der Trilogie rund um den Dorfladen.
Die Autorin hat schon einige Historische Romane veröffentlicht. Mit ihrer Reihe „Die Tuchvilla“ hat sie große Bekanntheit erreicht.
Der 1. Band der Dorfladen-Saga hat mir sehr gut gefallen und ich freue mich die Charaktere wiederzutreffen.

Anne Jacobs hat ihre Charaktere gut gezeichnet. Die Familie Haller war mir schon im 1. Band schnell sympathisch, Die Mutter ist verwitwet und sorgt alleine für die Töchter. Die Töchter unterstützen ihre Mutter wo sie können. Doch was ihre Zukunft angeht haben sie einen eigenen Willen. Das gefällt mir gut.

Herta ist die älteste und vernünftigste der drei Schwestern
Sie ist etwas und liest gerne Heftromane. Herta ist ihrer Mutter eine große Stütze im Laden.

Frieda ist die mittlere Schwester
Sie ist spontan und neugierig. Sie möchte Schauspielerin werden und besucht in Frankfurt die Schauspielschule.

Ida ist die jüngste Schwester
Sie ist intelligent und wissbegierig. Ida geht in Frankfurt aufs Gymnasium.

Aber auch die anderen Charaktere sind interessant.
Da ist Helga Schütz, die ihren Mann verlassen hat und natürlich der Lehrer, einer meiner Lieblingscharaktere.

Auch die Handlungsorte werden anschaulich beschrieben. Die Schauplätze sind der Taunus, wo der Dorfladen beheimatet ist und Frankfurt.
Als Frankfurterin freut mich das ganz besonders.

Die Atmosphäre im Dorf werden den Leser*innen gut vermittelt.
Anne Jacobs hat ihre Sprache der Zeit gut angepasst.
Ihr Schreibstil ist flüssig und gut verständlich.

„Der Dorfladen – Wo der Weg beginnt“ habe ich mit Freuden gelesen und freue mich schon auf den 3. Band der Trilogie.

Fräulein Gold – Nacht über der Havel

Anne Stern
Historischer Roman
419 Seiten
erschienen im Rowohlt Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Rowohlt Verlag für das Rezensionsexemplar

Wie immer, ein Lesegenuss

Klappentext:
Berlin, 1930: In der Stadt brodelt es gewaltig. Wirtschaftskrise und politische Instabilität rufen immer radikalere Kräfte auf den Plan. Auch Hulda spürt, dass die vermeintlich goldenen Jahre vorbei sind. Umso engagierter kümmert sie sich als Hebamme um die Belange der Frauen und Mütter. Als sie einer Schwangeren helfen will, stößt sie auf einen mysteriösen Todesfall im Dunstkreis der Familie: Die jüngere Schwester Jutta ist Teil einer Jugendgruppe, die sich nachts an der Havel trifft. Die Jugendlichen singen und feiern zusammen. Doch dann wird am Ufer ein Student tot aufgefunden. Er war der Anführer von Juttas Gruppe und ihr heimlicher Schwarm. Aber war sein Tod wirklich ein Unfall bei einem nächtlichen Abenteuer? Bald ahnt Hulda, dass die Zusammenhänge größer sind als angenommen. Eine Jugend ohne Zukunft sucht in unruhigen Zeiten verzweifelt nach Halt. Und ist bereit, einen hohen Preis dafür zu zahlen.

„Fräulein Gold – Nacht über der Havel“ ist der 7. Band der Reihe „Die Hebamme von Berlin“ von Anne Stern.

Im Mittelpunkt steht natürlich Hulda Gold.
Hulda ist mir seit dem ersten Band ans Herz gewachsen.
Sie ist einfach ein toller Charakter, den die Autorin mit sehr viel Hingabe kreiert hat.
Für die Zeit, mittlerweile sind wir im Jahre 1930 angekommen, ist Hulda eine bemerkenswerte und selbstbewusste Frau. Mit Max scheint sie ihr Glück gefunden zu haben.

Wie immer schlittert Hulda ungewollt in einen Kriminalfall.
Ein Mitglied einer Jugendgruppe, die sich gerne an der Havel aufhält, wird tot aufgefunden. Hulda glaubt nicht, dass es ein Unfall war.

Anne Stern beschreibt das Leben und die 1930er Jahre sehr eindringlich.
Man spürt, dass eine Veränderung im Land vor sich geht. Die Wirtschaftskrise hat viele Menschen hart getroffen. Arbeitslosigkeit und Armut sind auf dem Vormarsch.
Politisch ist Deutschland recht instabil und die Nazis gewinnen immer mehr an Sympathisanten. Auch der Antisemitismus nimmt immer mehr zu.

Anne Stern lässt Geschichte lebendig werden.
Verpackt in einer interessanten Geschichte, mit Charakteren, die man gerne mag, vermittelt die Autorin gekonnt die politischen und sozialen Hintergründe der 1930er Jahre.
Der Schreibstil von Anne Stern ist fesselnd und gut verständlich.
Nach ein paar Seiten war ich wieder mittendrin im Leben von Hulda Gold.
Jetzt lasse ich Hulda Gold nur ungern alleine.
Aber zum Trost gibt es noch eine Leseprobe zum 8. Band.
„Fräulein Gold – Der Preis der Freiheit“ d erscheint im Dezember 2025.

Geliebte Mutter

Çiğdem Akyol
Roman
236 Seiten
erschienen im Steidl Verlag
4 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Steidl Verlag für das Rezensionsexemplar

Ein emotionaler Roman

Klappentext:
Als Aynur mit Alvin verheiratet wird, blühen in Istanbul die Tulpen. Aynur ist 19 Jahre alt, trägt gerne Schlaghosen und taillierte Blusen und hat für Frauen mit Kopftuch nur Spott übrig. Alvin, ein Mann vom Dorf, ungebildet und aus einer frommen Familie, arbeitet in Deutschland unter Tage. Almanya ist eine Verheißung, die Aynur nie gelockt hat, doch ihr Bruder will sie aus dem Haus haben und sie muss sich fügen. Die Geschwister Meryem und Ada sind längst erwachsen als Alvin stirbt. Für sie ist es ein glücklicher Tag. Zu tief sind die Wunden, die ihnen beide Eltern in ihrem gemeinsamen Unglück zugefügt haben. Çiğdem Akyol erzählt von den Folgen einer erzwungenen Ehe, vom Verlust von Identität und einer andauernden Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Heimkehr. Die Geschichte zeigt aber auch, wie es Ada und Meryem gelingt, aus Klassenschranken auszubrechen, sich selbst zu behaupten und aufzusteigen. Tragik, Hoffnung und Freude stehen in diesem Roman eng nebeneinander.

„Geliebte Mutter“ ein bewegender und emotionaler Roman von Çiğdem Akyol.

Die Geschichte wird aus der Sicht von Meryem erzählt. Es ist die Geschichte ihrer Familie. Die Eltern Aynur und Alvin und den Kindern Meryem und Ada. Aynur hat eine moderne Lebenseinstellung, Alvin hingegen ist ungebildet und hält an Traditionen fest. Es ist eine Familie die von Gewalt geprägt ist.
Die Eltern wurden jung geheiratet. Die Mutter Aynur musste mit ihrem Mann nach Deutschland, in ein Land in das sie nicht gewollt hatte. Die Gewalt begann schon in der Hochzeitsnacht, als Aynur von ihrem Mann vergewaltigt wurde. Diese Gewalt hat in den 50 Jahren die, die Beziehung überdauerte nie aufgehört. Auch vor den Kindern hat die Gewalt keinen Halt gemacht. So war der Tod des Vaters für Meryem eher eine Erleichterung statt Trauer.

Çiğdem Akyol hat bereits einige politische Sachbücher veröffentlicht, die mit Preisen gekürt wurden. „Geliebte Mutter“ ist der erste Roman der Autorin.

Die Autorin versteht es ihre Leser*innen zu fesseln. Man taucht tief in das Leben der Familie ein. Meryem erzählt uns ja praktisch ihre Geschichte. Man spürt das Trauma, dass sie vom Leben in der Familie zurückbehalten hat. Begonnen hat die Gewalt durch den Vater aber auch die Mutter hat oft Schläge bei den Kindern angewandt. Oft habe ich mich gefragt, warum Aynur nicht mit den Kindern ihren Mann verlassen hatte. Aber ich stelle mir das als türkische Frau in einem anderen Land schwer vor. So war sie nicht erzogen.
Meine Gefühle beim Lesen waren oft Entsetzen und Traurigkeit.

Çiğdem Akyol hat einen flüssigen und gut verständlichen Schreibstil. Ihre Sprache ist ausgewählt und fein. Dabei erzählt sie die Geschichte von Meryem schonungslos.
Die Charaktere wirken sehr lebendig und waren mir nahe. Das hat meine Bestürzung oft noch stärker gemacht.

„Geliebte Mutter“ ist ein sehr emotionaler Roman, den ich trotz des schweren Themas sehr gerne gelesen habe.

Jenseits aller Zeit

Sebastian Barry
Roman
278 Seiten
erschienen im Steidl Verlag
Übersetzt von Hans-Christian Oeser
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Steidl Verlag für das Rezensionsexemplar

Ein fesselnder Roman

Klappentext:
Nach vierzig Jahren als Kriminalbeamter wird Tom Kettle in seinem neuen Zuhause angespült, einer kleinen Einliegerwohnung im Anbau einer viktorianischen Burg, mit Blick auf den Coliemore Harbour und die Irische See. Am liebsten sitzt er in seinem Korbsessel, raucht Zigarillos und schaut durchs Panoramafenster aufs Meer. Sich nicht zu rühren, glücklich und nutzlos zu sein, ist für ihn Sinn und Zweck des Ruhestands. Schon seit Monaten hat er kaum eine Menschenseele gesehen, als an einem stürmischen Frühlingsnachmittag zwei ehemalige Kollegen an seine Tür klopfen und ihn zu einem alten Mordfall befragen wollen. Ein traumatischer Fall, der alte Wunden aufreißt, denn, nichts war so, wie behauptet wurde. Die Wahrheit eingeschlossen. Die Gardaí. Das Land. Tom Kettle ist ein unzuverlässiger Zeuge und ein unzuverlässiger Erzähler. Seine Welt ist ein Ort voller Trauer und leisem Humor. Hier verweilen die Geister seiner Frau und seiner Kinder, verschwimmen Pflicht und Gerechtigkeit, geht die Erinnerung ganz eigene, verschlungene Wege.

„Jenseits aller Zeit“ ist ein fesselnder Roman von Sebastian Barry.

Der Autor erzählt die Geschichte von Tom Kettle. Er war Kriminalbeamter und ist jetzt im Ruhestand. Sein weiteres Leben stellt er sich einsam und gemütlich vor. Einsam, weil er es will. Ihm reicht es in seinem Sessel zu sitzen und die See zu beobachten. Doch eines Tages stehen zwei ehemalige Kollegen vor der Tür und wollen Einzelheiten über einen alten Fall von Tom erfahren. Einem grausamen Fall, bei dem nichts war, wie es anmutete.

Sebastian Barry spricht mit dem alten Fall ein heikles und aktuelles Thema an. Es geht um Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen und kirchlich unterstützten Organisationen. Die Wahrheit kam nie ans Tageslicht. Überall wurde einiges vertuscht. Was bekannt ist, entspricht nicht unbedingt der Wahrheit. Wie viele Missbrauchsfälle noch gar nicht aufgedeckt sind, kann man nur ahnen. Auch Toms Erinnerungen entsprechen nicht mehr ganz der Realität. Den bei so einem Fall versucht man einiges mit der Zeit zu verdrängen.

Die Geschichte hat mich gefesselt, war aber doch manchmal, dem Thema geschuldet, schwer zu lesen.
Sebastian Barry hat den Leser*innen aber eine Brücke gebaut, indem Tom zwischendurch von der See und dem schönen Irland erzählte. Auch hat Tom den für Irland typischen Humor. Das hat bei dem schweren Stoff enorm geholfen. Auch Tom hat das bei seinen Erinnerungen geholfen, die für ihn nicht immer leicht zu ertragen waren.

Sebastian Barry hat einen flüssigen und gut verständlichen Schreibstil. Trotz des schweren Themas versteht er es, die Leser*innen zu fesseln.

„Jenseits aller Zeit“ ist mein erstes Buch von Sebastian Barry, gerne lese ich wieder ein Buch des Autors.



Fuss. Aus. Ende

Petra Münzel-Kaiser
Kriminalroman
319 Seiten
erschienen im Kiener Verlag
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an Petra Münzel-Kaiser und den Kiener Verlag für das Rezensionsexemplar

Spannender Krimi aus dem Engadin

Zum Inhalt:
Auf dem smaragdgrün schimmernden Inn treibt eine Leiche. Das Opfer wurde geschächtet und die Teilnehmer an der jüdischen ultraorthodoxen Summerschool geraden sofort unter Verdacht.
Dr. O.A Weiss, eine ältere Dame weilt gerade mit ihrer Reisebegleitung Amalia Charlotta Meusele, Mali genannte in Scuol im Engadin. Kurzerhand nimmt sie sich dem Fall an. Ihre Reisebegleitung hat sich die Tage im Engadin eigentlich anders vorgestellt. Sie hat den Job bei Dr. Weiss als Reisebegleitung angenommen und jetzt steckt sie mitten in einem Kriminalfall.

„Fluss. Aus. Ende.“ Ist ein Kehrwasser-Krimi aus dem Engadin von Petra Münzel-Kaiser.

Die Geschichte ist in 5 Teile eingeteilt: Prolog, Fluss, Aus, Ende und Epilog.
Eine witzige Idee die Einteilungen und den Buchtitel gleich zu benennen.

Ich bin sehr schnell in die Geschichte eingetaucht.
Die Charaktere werden sehr gut beschrieben und sind zum Teil recht eigenwillig. Alle wirken richtig lebendig. Dr. O.A Weiss und Mali sind mit auf Anhieb sympathisch gewesen. Schon bei dem Vorstellungsgespräch von Mali bei Dr. Weiss haben sie mein Herz erobert. Mali muss in ihrer Stellung bei Dr. Weiss über sich hinauswachsen, was ihre Sicht auf viele Dinge verändert.

Auch die Handlungsorte werden sehr anschaulich beschrieben. Ich musste mir im Internet direkt den kleinen Ort Scuol ansehen. Da würde ich auch Urlaub machen so schön idyllisch wirkt der Ort. Man erfährt auch einiges über Scuol als Urlaubsort, als Kurort und vom Wassersport, der dort betrieben wird.

Der Fall ist spannend und nimmt einige Wendungen. Die Leser*innen werden mit Vorurteilen und Manipulation konfrontiert.

Der Schreibstil von Petra Münzel-Kaiser ist flüssig und gut verständlich. Die Geschichte hat mich schnell gefesselt und ich konnte das Buch kaum zur Seite legen.

„Fluss. Aus. Ende.“ ist ein spannender Krimi mit einem schönen Setting, den ich sehr gerne gelesen habe.



Das Wochenende

Hannah Richell
Thriller
424 Seiten
erschienen bei Rowohlt Polaris
Übersetzt aus den Englischen von Sabine Längsfeld
4 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Rowohlt Verlag für das Rezensionsexemplar

Spannung an der Küste Cornwalls

Klappentext:
Zur Einweihung ihres luxuriösen Campingplatzes in Cornwall haben Max und Annie ihre alten Studienfreunde samt Kindern eingeladen: TV-Star Dominic, die Ärztin Kira sowie die Freigeister Jim und Suze. Doch schon am ersten Abend kommt es am Lagerfeuer zu einem handfesten Streit. Am nächsten Tag zieht von der zerklüfteten Küste her ein Unwetter auf. Als eines der Kinder nicht vom Strandausflug zurückkehrt, eskaliert die Situation. Inmitten des tosenden Sturms sind die Freunde auf sich allein gestellt. Alte Konflikte brechen auf, neue Geheimnisse kommen ans Licht, und irgendjemand spielt ein tödliches Spiel.

„Das Wochenende“ ist ein spannender Thriller von Hannah Richell.

Die Leser*innen lernen Max und Annie kennen. Sie sind von London weggezogen und haben in Cornwall mit ihrem 12-jährigen Sohn ihre neue Heimat gefunden. Jetzt soll ihr Campingplatz eingeweiht werden. Dazu haben sie alte Freunde geladen. Zusammen sind es 4 Familien mit Kindern.

Hannah Richell hat für ihre Geschichte recht unterschiedliche Charaktere entworfen. Die Hauptcharaktere sind die 4 Familien mit ihren Kindern. Man braucht am Anfang etwas Zeit um sich mit den einzelnen Personen vertraut zu machen. Die Autorin führt die einzelnen Familien aber gut in die Geschichte ein. Man kann auch das Personenverzeichnis am Anfang der Geschichte zur Hilfe nehmen, dort sind die einzelnen Personen nach Familien aufgelistet.

Der Handlungsort ist Cornwall und dort ein Glamping-Platz der eingeweiht wird.
Auch das wird anschaulich beschreiben und könnte so idyllisch sein. Doch es kommt zu einem Unwetter und zu Streitigkeiten.
Auf einmal schlägt die Atmosphäre ins Düstere und geheimnisvolle um.
Jeder der Familien scheint etwas zu verbergen. Keiner traut mehr dem Anderen.
Die Spannung setzt schnell und viele Fragezeichen wabern um meinen Kopf.

Hannah Richell erzählt die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven. Jede Familie kommt zu Wort. Als eine Person verschwindet, macht das Buch seinem Genre alle Ehre. Die Spannung setzt ein und steigert sich zum Ende hin immer weiter.
Das Ende ist dann für mich recht überraschend.

„Das Wochenende“ ist ein spannender und mysteriöser Thriller den ich gerne gelesen habe.

Zeit des Schweigens

Reiner Günter
Historischer Roman
419 Seiten
erschienen by Reiner Günter
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an Reiner Günter für das Rezensionsexemplar

Ein interessanter Einblick in die deutsche Geschichte

„Zeit der Schweigens“ ist der 2. Band einer interessanten Trilogie von Reiner Günter.
Die Geschichte ist mittlerweile in den 1950er und 1960er Jahren angekommen.
Der Krieg und das dritte Reich hat Deutschland endlich hinter sich gelassen.
Die Auswirkungen des Kriegs sind allerdings noch überall zu spüren. Aber die Menschen packen an. Mit Unterstützung der Alliierten wollen die Menschen einen neuen demokratischen Staat errichten. Wollen die Trümmer beseitigen und neue Gebäude sollen entstehen. Zumindest in Westdeutschland. Im Ostteil, der von den Russen besetzt ist, sieht es anders aus. Hier will die Obrigkeit einen neuen Staat errichten. Einen Staat, der nach dem Vorbild Stalins regiert werden soll.

Die Leser*innen dürfen wieder Charlotte und David begleiten. Ich habe das Paar schon im ersten Band sehr sympathisch gefunden. Wie viele wollen auch sie das neue Deutschland mitgestalten.

Reiner Günter erzählt die Geschichte schonungslos ehrlich.
Der Autor und ich sind ungefähr im gleichen Alter.
Auch wenn wir den Krieg nicht miterlebt haben, hing er durch das Erzählen der Eltern irgendwie immer wie eine dunkle Wolke über uns.
Daher habe ich mich schon immer für die Jahre vor dem 2. Weltkrieg bis weit in die Nachkriegsjahre interessiert.
Ich habe unzählige Romane gelesen, in denen diese Zeit als Grundlage gedient hat.
Reiner Günters Trilogie ist daher genau der richtige Lesestoff für mich und gibt einen ehrlichen Einblick in die deutsche Geschichte.

Der Autor ist jetzt in den Nachkriegsjahren angekommen.
Viele Menschen sind traumatisier. Vieles wird verschwiegen, ja verdrängt.
Die Nazis sitzen in neuen Gewändern in alten Stellungen.
Im Osten soll ein neuer Staat errichtet werden. Familien und Freunde werden durch die Teilung auseinandergerissen.
Doch es wächst eine neue Generation heran, die alles anders und besser machen will.

Reiner Günter hat für seinen Roman erstklassige Recherchearbeit geleistet.
Der Autor vermittelt seinen Leser*innen das Geschehen auf eine sehr authentische Art und Weise.
Der Schreibstil von Reiner Günter ist flüssig und gut verständlich.
Die Geschichte hat mich von Anfang bis Ende gefesselt.

Ich freue mich schon auf den 3. Band der Trilogie.