Der belgische Konsul

Amélie Nothomb
Roman
142 Seiten
erschienen im Diogenes Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Diogenes Verlag für das Rezensionsexemplar

Der belgische Konsul kurz vor der Erschießung

Klappentext:

Sein erster Posten führt Patrick Nothomb in den jüngst unabhängig gewordenen Kongo. In Stanleyville soll er als Generalkonsul Belgien vertreten. Aber das Jahr 1964 hält anderes bereit, und so muss er, der kein Blut sehen kann, um das Leben Hunderter Geiseln verhandeln. Doch wer ist dieser junge Mann? Amélie Nothomb zeichnet das Bild seiner Kindheit zwischen belgischer Hautevolee und wilden Ardennen. Ein intimes Familienporträt, aber auch die Geschichte einer Welt im Wandel.

„Der belgische Konsul“ ist das Buch einer Tochter über ihren Vater von Amélie Nothomb.

Die Geschichte beginnt damit, dass der belgische Konsul Patrick Nothomb vor dem Erschießungskommando steht. Er wollte verhandeln und die Geiseln retten, die von Rebellen im Kongo festgehalten werden.
Dann kommt ein Bruch und es wird die Kindheit von Patrick Nothomb erzählt. Die Mutter wurde früh Witwe und das Kind ist bei den Großeltern aufgewachsen. Patrick hatte ein gutes Leben, hatte alles was er brauchte, außer seine Mutter. In den Freien besuchte er seinen Großvater in den Ardennen. Hier lernte er ein völlig anderes Leben kennen. Lernte Hunger und Kälte bedeutet. Lernte Entbehrung und Gehorsam.
Bis Patrick Nothomb am Ende wieder vor dem Erschießungskommando steht.

Amélie Nothomb zeichnet ein deutliches Bild von seinem Vater. Man kann sich die Kindheit und Jugend gut vorstellen. Die gütigen Großeltern auf der einen Seite und der strenge und selbstgefällige Großvater auf der anderen Seite.

Amélie Nothomb hat eine fesselnden und intensiven Schreibstil. Trotz der nur 142 Seiten steht so viel in dem Buch drin. Man kann sich ein gutes Bild von Patrick Nothom machen.

„Der belgische Konsul“ ist eine interessante Geschichte, ich habe das Buch an einem Abend gelesen.

Täuschend echt

Charles Lewinsky
Roman
340 Seiten
erschienen im Diogenes Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Diogenes Verlag für das Rezensionsexemplar

KI – Fluch und Segen zugleich

Klappentext:
Ein Werbetexter verliert alles auf einen Schlag: Liebe, Geld und Karriere. Dank künstlicher Intelligenz schafft er es, sich wieder aufzurappeln. Die neue Technologie hilft ihm, ein Buch zu schreiben, das große Beachtung findet, weil es angeblich die »Geschichte eines wahren Schicksals« erzählt. Nur eine Frau weiß, dass das nicht stimmt: die ehemalige Geliebte, die den nun so gefeierten Autor schon einmal um alles gebracht hat.

„Täuschend echt“ von Charles Lewinsky ist eine interessante Geschichte die mich auch manchmal Schmunzeln ließ.

Die Geschichte wird in der Ich-Perspektive des Hauptcharakters, einem Werbetexter erzählt.
Der Werbetexter wird von seiner Lebensgefährlich verlassen und muss spüren, dass sie ihn die ganze Zeit nur manipuliert und ausgenutzt hat.
Kurz darauf verliert er auch noch seine Arbeit als Werbetexter. Was nun?
Der Ich-Erzähler beschäftigt sich mit der künstlichen Intelligenz. Gleichzeitig lernt er seine Nachbarn besser kennen und kommt in Kontakt mit einem wohlhabenden Förderer. Der möchte ein Buch veröffentlichen das vom Schicksal der Menschen erzählt, denen das Leben übel mitgespielt hat. Wichtig ist ihm dabei, dass die Geschichte auf einer wahren Begebenheit beruht.
Kurzentschlossen macht unser Erzähler einige Versuche mit der KI. Von den Ergebnissen begeistert wird das experimentieren wie eine Sucht. Immer wieder lässt der Erzähler sich kleine Stücke eine Geschichte von der KI schreiben die er dann nur noch aufeinander zuschneidet. Ein Buch entsteht, dass die Menschen zu Tränen rührt.

Charles Lewinsky erzählt zum einen die Geschichte des Werbetexter, der verlassen wurde und seine Arbeit verliert. In kursiver Schrift fügt der Autor immer die Passagen ein, die von der KI geschrieben wurden. So bekommen die Leser*innen quasi einen Roman im Roman.

Die Idee von Charles Lewinsky finde ich genial. Der Autor bereitet das Thema KI mit seinen Beispielen leicht verständlich auf. Er zeigt gleichzeitig auf, zu was die KI heute schon fähig ist und wo ihr Grenzen gesetzt sind.

Charles Lewinsky schreibt die Geschichte, ohne viel drumherum zu reden. Kurz und bündig kommt er auf den Punkt seiner Geschichte. Die Charaktere sind interessant gezeichnet. Die Veränderung, die im Laufe der Geschichtete in dem Ich-Erzähler vorgeht, ist nachvollziehbar.
Der Schreibstil des Autors ist fesselnd und flüssig. Das Thema ist hochaktuell und wird gut verständlich aufbereitet.

„Täuschend echt“ war für mich das reinste Lesevergnügen.

Sobald wir angekommen sind

Micha Lewinsky
Roman
277 Seiten
erschienen im Diogenes Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Diogenes Verlag für das Rezensionsexemplar

Ein Roman der zum Nachdenken anregt

Klappentext.
Ben Oppenheim balanciert zwischen Ex-Frau, zwei Kindern und seiner Liebe zu Julia. Er hat Rückenschmerzen und Geldsorgen, aber was ihn wirklich ängstigt, ist der Krieg in Osteuropa. Getrieben vom jüdischen Fluchtinstinkt steigt er eines Morgens kurzerhand in ein Flugzeug nach Brasilien. Mitsamt Ex-Frau und Kindern, aber ohne Julia. Im Krisenmodus läuft Ben zur Hochform auf. Nur der Atomkrieg lässt auf sich warten. Ben dämmert, dass er sich ändern muss, wenn sich etwas ändern soll.

„Sobald wir angekommen sind“ ist der Debütroman von Micha Lewinsky.
Der Autor hat schon einige Drehbücher und ein Kinderbuch geschrieben.

Ben Oppenheim ist ein bemerkenswerter Charakter der im Laufe der Geschichte eine große Entwicklung durchlebt.
Im Berufsleben wie auch im Privatleben läuft es zurzeit nicht gut. Von seiner Frau lebt er getrennt. Da es finanziell nicht gut um das Paar bestellt ist, können sie sich keine 2. Wohnung leisten. So ist Ben Montag und Dienstag bei den Kindern und schläft in der gemeinsamen Wohnung, Marina, seine Ex-Frau ist Mittwoch und Donnerstag dran. Die Wochenenden wechseln sie sich ab. Marina hat ein WG Zimmer und Ben hat sein Atelier.
Die Weltsituation und der Krieg in Osteuropa bedrücken Ben sehr. Mit seiner Ex-Frau beschließt, wenn es ernst wird nach Brasilien zu flüchten. Brasilien ist das Land in das Stefan Zweig, sein liebster Autor und sein Vorbild einst geflüchtet ist.
Als der Krieg im Osten eskaliert reisen Ben, Marina und die 2 Kinder nach Brasilien. Seine Freundin lässt Ben in der Schweiz zurück.
In Brasilien erlebt die Familie unbeschwerte Tage. Ben der erst von einem drohenden Atomkrieg überzeugt ist, zweifelt immer mehr, ob die Flucht so sinnvoll war.

Micha Lewinsky erzählt die Geschichte sehr anschaulich. Ich hatte schnell Bilder im Kopf.
Auch die Charaktere sind gut gezeichnet. Ben ist Jude, seine Vorfahren haben einst flüchten müssen. In diesem Roman kann man spüren wie die Angst auch noch in der nachfolgenden Generation steckt. Ein Trauma der Eltern und Großeltern manifestiert sich meist auch in der nächsten Generation. Ben hat die Flucht zwar nicht miterlebt aber immer gespürt was die Ängste aus den Eltern und Großeltern gemacht haben. So ist seine Flucht nach Brasilien vielleicht etwas überstürzt und unüberlegt aber für seine Kinder nimmt er jede Strapaze in Kauf.

Der Schreibstil von Micha Lewinsky ist flüssig und gut verständlich, manchmal fast philosophisch. Mit Humor lockert er die Geschichte immer wieder auf.
Das Thema das, das Buch begleitet ist sehr aktuell. Über Flucht und Migration hört man fast täglich.

„Sobald wir angekommen sind“ ist eine interessante Geschichte mit Humor an den richtigen Stellen. Ich habe das Buch mit Freude gelesen.