Der Wahnsinn, den man Liebe nennt

Brigitte Riebe
Roman
erschienen bei dot.books
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Ein Ende kann auch ein Neubeginn sein

Susa Bergmann muss feststellen, dass ihr Mann Wolf ein Doppelleben führt.
Seit Jahren schon hat er eine Geliebte und sogar eine 5-jährige Tochter.
Für Susa bricht eine Welt zusammen, sie verlässt die gemeinsame Wohnung.
Susa kommt bei ihrer Mutter unter und erfährt von ihr ein langgehütetes Familiengeheimnis.
Auch ihr Vater hat eine außereheliche Tochter.
Als Susa klar ist, dass sie eine Halbschwester hat lässt sie der Gedanke sie kennenzulernen nicht mehr los.

„Der Wahnsinn, den man Liebe nennt“ ist ein sehr emotionaler Roman von Brigitte Riebe und so ganz anders als alles was ich bisher von der Autorin gelesen habe.
Im Mittelpunkt steht Susa Bergmann, eine sympathische junge Frau der das Schicksal böse mitspielt.
Als sie erfährt, dass ihr Mann sie seit vielen Jahren betrügt und das er sogar eine Tochter hat zieht es ihr den Boden unter den Füßen weg.
Die Autorin beschreibt die Situation in der sich Susa befindet sehr ehrlich und emotional, ohne ins kitschige abzudriften.
Für Susa bricht eine Welt zusammen. Manchmal ist sie kaum in der Lage ihrer Arbeit nachzugehen. Sie sinkt einfach zu Boden und lässt die Tränen fließen. Dann gibt es wieder Momente in denen Susa noch Vorne sieht, dank ihrer besten Freundin Bille die ihr immer wieder Mut zuspricht. Sie ist es auch der Susa dazu ermutigt nach ihrer Halbschwester zu suchen.
Zwischendurch gibt es immer wieder Rückblenden so, dass der Leser nicht nur das Ende der Beziehung zwischen Susa und Wolf mitbekommt, sondern auch das Kennenlernen, die Heirat und das Zusammenleben.
Hier ahnt man als Leser schon, dass Wolf Susa irgendwie immer seinen Willen aufgedrängt hat, dass er immer seine Vorteile gesucht hat. Dem Leser wird der wahre Charakter von Wolf schnell klar.

Brigitte Riebe erzählt mit „Der Wahnsinn, den man Liebe nennt“ eine Geschichte die das Leben leider gar nicht so selten schreibt. Das Buch hat mich sehr berührt und ich habe mehrere Male zum Taschentuch greifen müssen.
„Der Wahnsinn, den man Liebe nennt“ ist ein Buch das Mut macht, dass einem sagt, „nicht aufgeben, ein Ende kann auch immer ein neuer Anfang sein“.

Die Schweigende

Ellen Sandberg
Roman
erschienen im Penguin Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Eine fesselnde und gleichzeitig erschreckende Geschichte

„Die Schweigende“ ist der neue Roman von Ellen Sandberg.
Wie schon in den vorherigen Büchern der Autorin gibt es auch hier wieder zwei Zeitebenen.
Einmal die Gegenwart, wo Karin um ihren verstorbenen Mann trauert, sich in dem großen Haus einsam fühlt.
Die Töchter Imke, Geli und Anne sind erwachsen und führen ihr eigenes Leben, haben ihre eigene Familie.
Die Kinder haben sich immer mehr zu ihrem Vater hingezogen gefühlt. Er war es der die Familie zusammengehalten hatte, der den Kindern die nötige Wärme gegeben hat.
Karin war eher eine gefühlskalte Mutter. Die Mädchen können sich nicht erinnern, dass sie von ihrer Mutter einmal in den Arm genommen wurden.
Imke hat ihrem Vater auf dem Sterbebett versprochen eine ihr unbekannte Person zu finden, die mit der Vergangenheit ihrer Mutter in Verbindung steht.
So fühlt Imke sich verantwortlich für ihre Mutter, bietet ihre Hilfe an, was auf Unverständnis bei den Schwestern und auf Ablehnung bei der Mutter stößt.

Die 2. Zeitebene führt den Leser zurück in die Jahre 1956 – 1958.
Karin, ihr Bruder Peter und ihre Mutter führen eigentlich ein normales Leben.
Nur, dass die Mutter für den Familienunterhalt sorgen muss da der Vater im Krieg gefallen ist.
Die Kinder gehen aufs Gymnasium, haben gute Noten. Karin möchte einmal Medizin Studieren und Peter aufs Konservatorium.
Dann schließt Karin sich einer Clique an, hört gerne Rock n Roll und trägt Jeans.
Das ruft 2 Nachbarinnen auf den Plan die Karin mit skeptischer Miene mustern und beobachten.
Als eines Tages das Jugendamt vor der Tür steht beginnt das Blatt sich zu wenden.

In der Gegenwart wechseln sich die Kapitel zwischen Karin, Imke, Geli und Anne ab.
Man erfährt mehr über die Frauen und über ihr Leben.
Zwischendurch gibt es immer wieder Kapitel die in Karins Vergangenheit zurückführen.

Am Anfang liest sich das Buch wie eine schöne Familiengeschichte.
Doch dann wird aus der Geschichte eine schreckliche Erinnerung aus Karins Leben.

Ellen Sandberg beschreibt die Zustände in dem Erziehungsheim schonungslos und ungeschönt.
Mir hat es nicht nur einmal den Atem verschlagen welche Zustände damals geherrscht haben müssen.
Man hat ja schon viel über die Misshandlung der Schutzbefohlenen in Kinderheimen gelesen.
In diesem Buch erlebt der Leser das geschehen hautnah mit.
Langsam beginnt man Karin zu verstehen. Begreift warum sie keine Gefühle zulassen kann.
Bekommt mit, welche Auswirkungen das auch noch auf die nachfolgende Generation hat.

Ellen Sandberg hat diesem Buch ein wichtiges Thema zugrunde gelegt.
Ein Thema über das nicht geschwiegen werden darf, auf das die Öffentlichkeit aufmerksam gemacht werden muss.
Ich kann nicht abschätzen wie viele Menschen es da draußen gibt die ähnliches erlebt haben.
Man kann das Erlebte nicht mit einer Wiedergutmachung vergessen machen. Aber man soll die Menschen hören, ihnen das Gefühl geben, dass sie gehört werden. Dass sie geliebt werden. Dass sie vollwertige Mitglieder unserer Gesellschaft sind.

Hinter dem Namen Ellen Sandberg verbirgt sich keine geringerer als die Bestsellerautorin Inge Löhnig die ich für ihre spannenden Krimis schätze.
Der Name Ellen Sandberg ist mittlerweile genauso bekannt und steht für grandiose Romane und menschliche Schicksale.

Marigolds Töchter

Julia Woolf
Roman
erschienen im List Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an www.vorablesen.de für das Rezensionsexemplar.

Wenn im Kopf Nebel aufzieht

Marigold ist gerne für die Familie da. Sie ist glücklich, wenn sie gebraucht wird, versorgt liebevoll ihren Mann, ihre 2 Töchter und ihre Mutter.
Dazu führt sie noch einen kleine Laden in dem die Dorfbewohner die Dinge des täglichen Bedarfs kaufen können und ist in einigen Komitees tätig.
Sie ist einfach immer für alle da.
Doch dann fängt sie an Dinge zu vergessen, fühlt sich müde und antriebslos.
Marigold schiebt es aufs Alter und überspielt die Gedächtnislücken geschickt.
Es dauert lange bis ihr Umfeld merkt, dass es Marigold immer schlechter geht.

In ihrem Roman „Marigolds Töchter“ behandelt Julia Woolf ein Thema mit dem immer mehr Menschen konfrontiert werden. Die Demenz.

Julia Woolf zeigt das Empfinden der Demenz aus verschiedenen Perspektiven auf.
Einmal aus der Sicht der Betroffenen, also Marigold. Sie erklärt sich ihre Vergesslichkeit mit dem Alter. Sie fängt an sich alles zu notieren, doch oft vergisst sie dann in ihr Notizheft zu schauen.
Sie ist sehr darum bemüht, dass ihr Umfeld nichts bemerkt.
Auch der Arzt tut es bei ihrem ersten Besuch mit dem Alter ab. Also weitermachen und das Ganze nicht so ernst nehmen.
Doch im Inneren merkt sie, dass etwas nicht stimmt. Man liest über ihre Ängste vor dem was kommt, vor dem Unbekannten.

Ihre Töchter Daisy und Suze merken schon, dass die Mutter vergesslich wird und immer mehr Notizen macht. Auch sie schieben es aufs Alter.
Suze ist ein etwas egoistischer Charakter, mehr mit sich beschäftigt als das sie bemerkt wie schlecht es ihrer Mutter manchmal geht.
Daisy schiebt es darauf, dass sie 6 Jahre in Mailand gelebt hat und ihre Mutter nicht oft gesehen hat. Dass es ihr deswegen so vorkommt als baue ihr Mutter rapide ab.

Nan die Mutter von Marigold will es gar nicht wahrhaben. Schließlich ist sie ja schon über 90 und steht mit einem Fuß schon im Grab.

Dennis, ihr Mann liebt und vergöttert sie. Er nennt sie immer liebevoll Goldie.
Er bekommt am wenigsten davon mit. Mir schien es als verschließe er aus Angst seine Frau zu verlieren die Augen.

Trotz dem ernsten Thema ist „Marigolds Töchter“ eine schöne Familiengeschichte mit wunderbaren Charakteren.
Julia Woolf beschreibt die schöne Umgebung des kleinen Küstenorts in England recht bildhaft.
Sie lässt den Leser am Familienleben und der Dorfgemeinschaft teilhaben.
Ja und auch der Humor fehlt nicht, es gibt durchaus das eine oder andere mal etwas zum Schmunzeln.

Ada

Christian Berkel
Roman
erschienen im Ullstein Verlag
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an www.vorablesen.de für das Rezensionsexemplar.

Von Abschied und Schweigen

In seinem großen Erfolgsroman „Der Apfelbaum“ erzählte Christian Berkel die Geschichte seiner Mutter Sala.
In seinem neuen Roman „Ada“ führt er die Geschichte mit Ada, der Tochter von Sala fort.

Die Geschichte beginnt an dem Tag des Mauerfalls. Ada sitzt im Theater, ihr Bruder steht auf der Bühne. Sie hatte ihren Bruder 5 Jahre lang nicht mehr gesehen, sie hat keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie.
Als die Grenzöffnung verkündet wird verliert sie ihren Bruder aus den Augen.
Ada beschließt eine Therapie zu machen um mit sich ins Reine zu kommen, mit der Vergangenheit abzuschließen.
Ab hier erinnert sich Ada rückwirkend an ihre Kindheit und Jugend.

Im Herbst 1954 kehren Sala und Ada aus Buenos Aires nach Deutschland zurück.
Das Land kommt Ada schmutzig vor, zu sehr sind noch die Kriegsauswirkungen zu sehen.
Von Hamburg reisen die Beiden weiter nach Berlin wo sie sich niederlassen.
Im Leben ihrer Mutter gibt es 2 Männer, Hannes und Otto.
Sala heiratet Otto und so werden sie eine kleine Familie.
Nur ist Otto auch wirklich ihr Vater? Darüber herrscht Schweigen wie über so vielen Dingen.
Ada versucht immer wieder mehr von Sala zu erfahren doch über der Vergangenheit liegt der Schleier des Schweigens.
Auch von Abschied wird das Leben von Ada beherrscht. Abschied von Buenos Aires, Abschied von ihrer Freundin Uschka, Abschied von ihrer ersten Liebe und Abschied von ihrer Familie.

Christian Berkel erzählt die Geschichte in der Ich-Perspektive aus Adas Sicht.
Der Autor findet eindrucksvolle Worte und vermittelt dem Leser das Gefühl mitten in der Geschichte zu sein. Als höre er Ada zu, als erzähle sie ihm persönlich ihr Leben.
In der Erzählung ist auch sehr viel Zeitkolorit enthalten. Sei es das 1. Konzert der Rolling Stones auf der Waldbühne in Berlin oder die Aufstände der 68er Revolution. Auch diese Szenen erlebt der Leser hautnah mit.

„Ada“ ist ein beeindruckender Roman von Christian Berkel und kann unabhängig vom ersten Buch gelesen werden.
Es wird noch einen 3. Band geben, wird da vielleicht der Bruder von Ada, den alle immer Sputnik genannt haben im Mittelpunkt stehe?
Ich freue mich schon jetzt darauf.