Reichlich Spät

Claire Keegan
Kurzgeschichten
55 Seiten
erschienen im Steidl Verlag
Übersetzt aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser
Meine Bewertung:
5 von 5 Sterne

Vielen Dank an den Steidl Verlag für das Rezensionsexemplar

Eine Kurzgeschichte mit Tiefe

Klappentext:
Freitag, der 29. Juli in Dublin. Das Wetter ist wie vorhergesagt, die Stadt vor Cathals Bürofenster liegt in gleißendem Sonnenschein. Nach einem scheinbar ereignislosen Tag mit Budgetlisten und Bürokaffee nimmt Cathal den Bus nach Hause. Die Landschaft zieht an ihm vorüber, die waldigen Hügel, auf denen er noch nie gewesen ist, und er denkt an Sabine. Die ein bisschen schielt und die gut kochen kann, die auch im Winter barfuß am Strand spazieren geht, die die Hügel besteigt. Die zu viel Geld ausgibt und zu viel Raum einnimmt und zumindest über die Hälfte von allem bestimmen will. Die Frau, mit der er hätte sein Leben verbringen können, wäre er ein anderer Mann gewesen.

„Reichlich Spät“ von Claire Keegan ist eine Kurzgeschichte mit sehr viel Tiefe.
Seit ich das dritte Licht“ von der Autorin gelesen habe bin ich von ihrem Schreibstil begeistert.

„Reichlich Spät“ ist eine Kurzgeschichte mit etwas mehr als 50 Seiten. Claire Keegan versteht es auf den Seiten so viel auszudrücken, dass man denkt man kenne die Charaktere schon ewig.

Die Autorin erzählt ihren Leser*innen die Geschichte der Beziehung zwischen Cathal und Sabine. Eine Beziehung die nicht lange hält. Die Geschichte erzählt die Autorin aus der Sicht von Cathal. Dabei streift die Autorin auch das Thema Misogynie (Frauenhass). Nach Sabines Meinung ist das unter irischen Männern weit verbreitet.

Die Geschichte hat nicht viele Seiten und doch Claire Keegan sagt so viel damit aus.

„Reichlich spät“ von Claire Keegan ist eine Geschichte so dicht erzählt, ich habe sie an einem Stück weggesuchtet.

Das dritte Licht

Claire Keegan
Kurzgeschichten
erschienen im Steidl Verlag
Übersetzt aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser
Meine Bewertung:
5 von 5 Sternen

Vielen Dank an den Steidl Verlag für das Rezensionsexemplar

Gewaltige und berührende Kurzgeschichte

Covertext:

Irland, zu Beginn der 1980er Jahre. An einem heißen Sommertag liefert ein Vater seine kleine Tochter bei entfernten Verwandten auf einer Farm im tiefsten Wexford ab. Seine Frau ist schon wieder schwanger, noch ein Maul wird zu stopfen sein. So findet sich das Mädchen bei dem kinderlosen Ehepaar John und Edna Kinsella wieder. An einem ungewohnt schönen und behaglichen Ort, wo es Milch und Rhabarber und Zuwendung im Überfluss gibt. Aber auch ein trauriges Geheimnis, das einen Schatten auf die leuchtend leichten Tage wirft, in denen das Mädchen lernt, was Familie bedeuten kann.

„Das dritte Licht“ von Claire Keegan ist wohl schon 2013 erschienen. Jetzt hat der Steidl Verlag eine von der Autorin überarbeitete Version neu veröffentlicht.
Der englische Titel ist „Foster“ und passt perfekt zu dieser mit dem Davy Byrnes Award ausgezeichneter Erzählung.
Unter dem Titel „The Quiet Girl“ wurde die Erzählung in Irland verfilmt.

Im Mittelpunkt steht ein kleines Mädchen, dass von seinem Vater zu entfernten Verwandten gebracht wurde.
Das Mädchen bleibt in der Erzählung namenlos.
Zu Hause lebt das Mädchen mit mehreren Geschwistern in ärmlichen Verhältnissen.
Ein neues Geschwisterchen ist unterwegs und für das Mädchen ist praktisch kein Platz mehr.
Für das Mädchen ist es als komme es in eine andere Welt.
Plötzlich sind da zwei Menschen die sich um sie kümmern, sich um sie sorgen.
Vieles steht in der Geschichte zwischen den Zeilen, wird nicht ausgesprochen.
So stellt sich schnell ein Kopfkino ein.

Claire Keegan erzählt die Geschichte ehrlich und glaubhaft.
Ihre Sprache kommt ganz leise daher, ja, eigentlich schon fast poetisch.
Die Geschichte ist recht kurz, knapp 100 Seiten.
Der Inhalt ist dafür um so gewaltiger.
Ich habe das namenlose Mädchen ganz fest in mein Herz geschlossen.

„Das dritte Licht“ ist eine wunderschöne Erzählung die mich tief im herzen erreicht hat.